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Architekt:
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Hochbauamt unter Leitung
von Paul Wolf
Heinrich
Balke (Stadtgartendirektor) +
Herbert
Conert, Karl Paul Andrae und Carl Hirschmann vom Stadtplanungsamt |
Bauzeit: |
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1933 - 36
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Adresse:
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Königsufer,
Carusufer in Dresden Neustadt |
"Nationale
Kundgebungen"
Als
eine erste Maßnahme des geplanten großen Stadtumbaus
ließ ab Oktober 1933 der NSDAP-Bürgermeister Ernst
Zörner im Zuge einer groß angelegten
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme das Neustädter Königsufer
neu gestalten. Pläne dazu reichten allerdings bis in die
Zeit des Stadtbaudirektors Hans Erlwein von 1910- 12 zurück. Mit
den 1930 begonnenen konkreten Planungen verzichtete das
Hochbauamt unter Paul Wolf entschieden auf die mögliche
Führung einer Uferschnellstraße.
Der 2 km
lange Elbuferabschnitt von der Marienbrücke im Westen bis
zur Priesnitzmündung im Osten wurde als großzügiger
Grünzug mit Promenaden, Terrassen und thematischen
Sondergärten angelegt, diente aber auch politischen Zwecken.
Ein ganz klarer inszenierter städte-baulicher Höhepunkt
bildete das sogenannte "Forum für nationale
Kundgebungen", ein thingstättenartiges Freilufttheater
unterhalb des Finanzministeriums - errichtet ab Herbst 1933 zu
politischen Massenveranstaltungen, genutzt z.B. beim Fackellauf
der Olympischen Spiele im Sommer 1936 (Foto),
aber auch für andere Propaganda-veranstaltungen, wie z.B. für
die Großkundgebung mit Gauleiter Mittelfrankens Julius Streicher
am 29.08.1936 mit "Zehntausenden" bis "Hunderttausend"
Anwesenden
(1)
oder
1. Mai-Feierlichkeiten oder der "Treuekundgebung für Hitler" nach dem
gescheiterten Attentat am 20.Juli 1944 mit Einheiten der
Wehrmacht, der SA und jede Menge Zivilbevölkerung. Nähere
Informationen dazu auf
www.gedenkplaetze.info
Bereits im Sommer 1933 war der Leiter
des Hochbauamtes Paul Wolf in die NSDAP eingetreten. Er und
andere NS-Architekten inszenierten den Aufmarschplatz direkt
gegenüber der kulissenartig beleuchteten Dresdner Altstadt.
Diese sich im großen Rundbogen schwingende Tribüne,
welche seit 1991 als Ort der Sommerfilmnächte genutzt wird,
ist heute immer noch (allerdings deutlich verkleinert) erhalten.
2008 wurde die verschämt als "Traversenanlage"
bezeichnete ehemals hochpolitische Anlage saniert. Ein kleines,
wichtiges Architekturelement sucht man allerdings vergebens: das
Rednerpult für Propaganda- Ansprachen, durch Treppen ein
wenig erhöht, genau am Fuß der zentralen Mittelachse
gelegen. Dieses runde Podium unterstrich auf suggestive Weise das
konzentrierte "Führerprinzip". Nach 1945 wurde es
bald abgebrochen. Nur noch das erhaltene halbrunde Podest des
ehemaligen Treppchens kündet noch heute vom
Gefolgschaftswahn der NS-Ideologie (siehe Foto rechts).
Stadtbaurat Paul Wolf war nach der Machtübernahme 1933 berauscht vom erweiterten
"einzigartigen gewaltigen, unter freiem Himmel liegenden
Festraum für 300 000 Menschen" und bereitete mit seiner
Gesamtplanung vorauseilend "Freiräume" für
die NS-Ideologie.
Hinsehen ! Zwei Jahre nach Fertigstellung der Anlage
1936 war Ende November 1938 allen Juden das Betreten des
Königsufers verboten, wenig später auch der Brühlschen Terrasse.
2009 hat die Künstlerin Marion Kahnemann ein Mahnmalprojekt
an drei Dresdner Denkorten umgesetzt, das an dieses Verbot
des Betretens öffentlicher Anlagen von jüdischen Bürgern
in der NS-Zeit erinnern soll.
Infos dazu.
Transparente Bänke mit der Aufschrift "Hinsehen" und einem Text
am Boden sollen zum Nachdenken anhalten.
Foto
Ansprachetreppchen
für ehemalige "Volksgenossen" - genau in der
zentralen Mitte unten an der Anlage errichtet - Foto: zw. 1936
und 1945, Deutsche Fotothek (Ausschnitt)
Auch
die wuchtigen steinernen Fahnenmastsockel, rechts und links die
Anlage flankierend, geben heute Zeugnis von der politischen
Instrumentalisierung der Dresdner Silhouette und ihrer betörenden
Wirkung der "schönen Stadt" in der NS-Zeit, die
alles "Unschöne", Nicht-Normierte und Unangepasste
verfolgte, diskriminierte und letztlich auch tötete.
"Als
Auftakt der Elbufergestaltung sollte am Brückenkopf der
Augustusbrücke ein Denkmalensemble entstehen. Geplant war
ein Ehrenmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges und
ein Mahnmal des 'nationalen Aufbruchs'. Das
nationalsozialistische Forum, das an den Münchner
Königsplatz erinnert hätte, wurde jedoch nie
ausgeführt." (Matthias Donath, Architektur in Dresden
1933- 1945)
Ideenskizze
von Paul Wolf zur Gestaltung des Brückenkopfes vor dem
Blockhaus mit einer "Ehrenmalanlage", Weitere Skizze
zum "Ehrenmal für die Gefallenen" mit Wandfresken
zum I. Weltkrieg.
Beide Zeichnungen von: Karl Paul Andrae, In:
DBZ 1933
Auf
einem Modellfoto
zum Königsufer (um 1935) ist diese Planung eines erhöhten
Plateaus am Blockhaus zu erkennen, die nicht umgesetzt wurde.
Das Blockhaus zur Info: war bis 1919 sächs. Kriegsministerium
und ab 1922 von der Reichswehr als Wehrkreiskommando IV genutzt,
ein Standort also von hoher militärischer Bedeutung.
Das Modell zeigt auch die Planung des Hochbauamtes,
missliebige niedrige Bebauung, wie etwa direkt am Blockhaus
durch hohe fünfstöckige Häuser zu ersetzen. Dadurch sollte eine
einheitliche Baufront zu Elbe entstehen. Vgl.
Foto 1929 und
Foto des Königsufers 1932
Aufarbeitung
http://dresden.filmnaechte.de Leider findet sich auf der Homepage der Veranstalter kein
Hinweis auf die braune Vergangenheit dieser
Freiluft-architektur! Auch die Stadt Dresden hat anscheinend
kein Interesse, die politischen Dimensionen während der Bauzeit
auf Infotafeln zu erläutern. Im Stadtplan gibt es seit 2023 für
diese vorher namenlose "Anlage" die neue Bezeichnung "Festplatz an der Elbe",
ohne jeden Bezug zum nationalsozialistischen Hintergrund seiner
Entstehung.
Park,
Garten, Landschaft inszeniert durch breite Freitreppen und
Promenaden mit Weitblick, Foto: TK Feb. 07
Das
leicht ansteigende topographische Terrain ist an vielen Stellen
durch eindrucksvolle Treppenanlagen kraftvoll in Szene gesetzt
worden. Wirkungsvoll kann man von den erhöhten Promenaden
den landschaftlichen Reiz des Elbflusses mit seinen breiten,
unverbauten Elbwiesen genießen. Schutz vor Regen bieten
verschiedene kleine Pavillons, teils aus Stein, teils aus Holz
und Schiefer.
Gartenarchitektur
Bemerkenswert ist, dass sich die Architektur in dieser
Landschaftsinszenierung geschickt an jeweilige Situationen
anpasste. Vor dem Japanischen Palais ist sie neobarock-
historisierend. Beim Bogenschützen wählte man eine geometrisch
kantig-moderne Form und an anderen Stellen waren klare
Assoziationen zu Wehrarchitektur gewünscht, die etwas
Bollwerkhaftes haben.
wallartige "Bastion" mit
Aussichtsplattform am Diakonissenweg, Foto: 2021 Thomas
Kantschew,
Vergrößerung
Offizielle Eröffnung des
Königsufers 5. Juni 1936 Am 5. Juni 1936 fand die
offizielle Eröffnungsfeier des fertig gestellten Königsufers im
Beisein von Reichsinnenminister Frick und Oberbürgermeister
Zörner statt.
Das
fertige Ergebnis des Königsufers ließ
Paul Wolf nun auf eine "Neugestaltung der deutschen
Kulturlandschaft im Raume der Flüsse und Ströme"
hoffen, die "Stadt und Land in diesem Räumen in
lebendiger Form verbindet". Auch die ausführenden
Architekten Herbert Conert, Karl
Paul Andrae und Carl Hirschmann
(1875–1935) müssen
genannt werden, die zur Politisierung des Freizeitverhaltens der
NS-Bevölkerung ihren Beitrag geleistet haben. Insbesondere
das Wirken Herbert
Conerts in den Jahren 1933-1945 ist bisher kaum erforscht.
Dresden hat eine lange Tradition in besonderer Garten-
und Parkgestaltung, die bis in die Renaissancezeit zurück
reicht Aber auch im 20. Jahrhundert wurden in der sächsischen
Hauptstadt eindrucksvolle Gartenanlagen geschaffen, so z.B. zur
Jubiläums-Gartenbau-Ausstellung. 5. Jahresschau Deutscher
Arbeit 1926.
Rosengarten
Während
man die hochwassergefährdeten Elbwiesen in ihrer auenhaften
Natürlichkeit beließ, wurden die höher gelegenen
Flächen als Themengärten gestaltet. Bekanntester Teil
ist der bei Dresdnern sehr beliebte Rosengarten, der in den
letzten Jahren wieder in seinen Originalzustand - sogar mit
nachgezüchteten 1930er Rosensorten - zurück versetzt
wurde. 6000 Rosenstöcke stehen hier wieder in einer leicht
abgesenkten Gartenanlage, zu der auch ein Gartenrestaurant mit
Pergola von 1936 gehört (2005 aufgestockt).
Der
Rosengarten wurde bereits Pfingsten 1935 eröffnet. Weitere Teile der
übrigen Anlage
öffneten im April 1936 im Zusammenhang mit der
"Reichsgartenschau Dresden" als Lehr- und Schaugarten. Diese
Schau, veranstaltet vom Reichsnährstand und der Stadt
Dresden, hatte durchaus auch einen politischen Charakter. Siehe:
Hartmut Ellrich: Dresden
1933-45 Ursprünglich waren 1933 von Paul Wolf an dieser
Stelle Spiel- und Sportplätze vorgesehen.
Rosengarten
1936 (Foto: SLUB)
Kunst
im Garten: Schönheit und Aggression
Ein
ganz bewusstes Gestaltungselement der Neugestaltung des
Neustädter Elbufers war die Aufstellung von Plastiken in den
Gartenanlagen. Heute sind nur sehr wenige dieser Kunstwerke
erhalten. Die Bronzestatue
"Bogenschütze" ist
ein Nachguss einer von Ernst Moritz Geyger geschaffenen
Monumentalfigur, dessen Kupfer-Original von 1895/ 1902 im Park
Potsdam Sanssouci steht (Foto). Die
Dresdner Neuaufstellung 1936 im veränderten
Kontext (weiter offener Elbraum) suggeriert allerdings auch eine
andere Aussage: die der militärischen Abwehr- (bzw.
Angriffsbereitschaft) im Raum. Die makellose Idealfigur steht
nun auf
einem ca. 5 Meter hohen Steinsockel und zielt auf einen
unsichtbaren Feind in der Ferne. Subtil wurde die NS-Bevölkerung
durch solche Gesten der Schönheit
auf die aufopferungsvolle "Verteidigung" von Stadt und
Land eingestimmt. Bereits 1933 hatte in Dresden die
Ausstellung „Spiegelbilder des Verfalls in der Kunst“ dem
kunstverständigen Publikum in Dresden zu zeigen versucht, was
"schöne" Kunst sei und welche als "entartet" anzusehen ist. (2)
Ein Jahr später präsentierte Geyger 1934 das
inzwischen 40 Jahre alte Originalgipsmodell des "Bogenschützen" auf der
Sächsischen
Kunstausstellung in Dresden. Die Figur stand sehr prominent
im zentralen Kuppelsaal des Ausstelllungspalastes. Die Honoratioren der Stadt
(3) waren
angetan und
Geyger schenkte Dresden daraufhin das Modell, aus dem
schließlich ein neuer Bronzeguss erstellt wurde. (Quelle:
Martin H. Schmidt 1992)
Foto des Bogenschützen mit monochromen Bronzeton 1936.
Hersteller war die Erzgussfirma Adalbert Milde aus Dresden.
Der
Entwurf für den Sockel und die verbundene Treppen-anlage stammte
von Paul Andrae, höchstwahrscheinlich auch die Auswahl des
Standortes, der einerseits sehr geschickt die Topographie des
Geländes ausnutzt, andererseits eine Verbindung von Altstadt zu
einem abzuwehrenden Feind in der Ferne assoziieren lässt.
Foto
TK 2016 -
Zustand 2021 nach der Sanierung. Der Dresdner
Bogenschütze war im Prinzip eine Kampfansage an die moderne
Kunst und richtete sich in dieser Inszenierung zudem gegen
Pazifismus (am 16.
März 1935 war im deutschen Reich die allgemeine Wehrpflicht
wieder eingeführt worden).
Entwurf Sockel und Treppenanlage für den
"Bogenschützen" vom 14.5.1935, Zeichnung: Paul Andrae, Quelle:
© Bildstelle Stadtplanungsamt
Dresden,
Vergrößerung
Geyger zeigte 1938/39 auf der
zweiten deutschen Architekturausstellung im Münchner Haus der
Deutschen Kunst seine Arbeit "Bogenschütze am Königsufer in
Dresden".
Vom gleichen Künstler Geyger stammte
im Rosengarten auch die Bronzetierfigur "Stier", die
wahrscheinlich bereits 1942 während einer Edelmetallsammlung
eingeschmolzen wurde. Auch sie war ein extra für diese Promenade
nach 1934 neu gegossenes Kunstwerk. Das
Marmor-Original, vollendet 1900, stand bis 1945 im Berliner
Humboldthain.
Ernst
Moritz Geyger: "Stier" - angriffsbereit. Aufnahme um
1936 / Foto: SLUB
Eine
Auflistung aller Plastiken im Rosengarten:
www.rosengarten-dresden.de
zum
Rosengarten auch: www.dresden.de
Im Pavillon an der Albertbrücke wurde an die Innenwand
ein Reliefgemälde angebracht mit dem Titel: „Dresden im
Schutze seines natürlichen Seengürtels im 15. Jahrhundert“.
Auf einem
Foto von 1936 kann man leicht etwas davon erkennen.
Vergleich Zustand
Foto 2016
zur Neugestaltung Königsufer, Dresden Von
Dr.-Ing. Sylvia Butenschön
www.100-jahre-landschaftsarchitektur.de Dazu
noch weitere 99 Projekte zur Ausstellung ʼ100 Jahre
Landschaftsarchitektur' anlässlich des 100. Jubiläums
vom Bund deutscher Landschaftsarchitekten (bdla) 2013.
Georg
Türke (1884- 1972 ) Die Elbe - Teil: Die Schifffahrt, 1937
aufgestellt an der Augustusbrücke/ Narrenhäusel, 1945
zerstört. Foto: SLUB Das Pendant "Fischerei" stammte von
Paul Berger.
Augustusbrücke
1936: Treppenanlage und in die Brückenrampe integrierte
Loggia. Sie wird von 5 eleganten, in Naturstein abgesetzten Bögen
gegliedert. Das Sgraffito mit der Darstellung der Geschichte der
Elbeschifffahrt stammt von Professor Hans Nadler und wurde von
der Tiedge-Stiftung finanziert. Foto: 1992 SLUB
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"Gesamtplan
für die Neugestaltung des Elbufers in Dresden Neustadt",
In: DBZ 1933, Vergröß.
Kundgebungsforum,
Vergröß. In: Dresden Adressbuch 1937, "Teilstück des
neugestalteten Königsufers 1936"
Die
sogenannte Volksgemeinschaft und das auf ein Treppchen erhöhte
Führer- prinzip: Inszeniertes "Forum für nationale
Kundgebungen" am Neustädter Elbufer Das steinerne
Rundtreppchen für Agitationsveranstaltungen ist bald nach
1945 abgebaut worden.
Nur das
halbrunde Podest des ehemaligen Führertreppchens (für
Stadthalter Mutschmann) kündet noch vom Wahnsinn des
Gefolgschaftskults, Aufn. Nov.05
Szene
aus dem Dokumentarfilm "Das olympische Feuer in Dresden"
1936: Festakt Dresden-Neustadt, Königsufer, Foto 31.07.1936:
SLUB
Bank "Hinsehen", Erinnerungsprojekt 2009 von Marion Kahnemann
auf der Brühlschen Terrasse gegenüber dem Königsufer, Foto: Thomas
Kantschew
2020 -
Vergrößerung
Aussichtspavillon
am Waldschlösschen mit Blick Richtung Altstadt / Foto: TK
Feb. 07
Fahnenmastsockel
und erhaltene originale Fahnenstange mit Rundsitzbank. Indoktrination durch Fahnen bis in die „unpolitischen“ Elbwiesen hinein. Foto:
T.Kantschew Feb. 2007,
Vergrößerung
Fenster im Gartenrestaurant Rosengarten
Freitreppe
östlich der Albertbrücke mit Unterstellpavillon und
Dachterrasse - Vergrößerung
Patchwork-Sandsteine:
für die NS-Zeit ungewöhnlich "unordentliche"
Mauergestaltung an der Albertbrücke / Foto: TK Feb. 07 -
Vergrößerung
Gartenpavillon
im Rosengarten aus Holz, Schiefer und Sandsteinen
Detail
Freitreppe / Foto: T.Kantschew 2007
"Genesung"
von Felix Pfeifer 1936 - Dritte Aufstellung als Neuguss in den
1960er Jahren. Das urspüngliche
Original
von 1927 steht ebenfalls als Nachguss im Hof des AOK-Hauses Leipzig.
Bogenschütze - erhöht auf einen Sockel:
angriffsbereit, die NS-Bevölkerung zum Krieg einstimmend.
Foto: 1959 SLUB
Wie umgehen mit der NS-Verangenheit und dem
baulichen Erbe? Hier wehten ab 1936 unübersehbar die
Hakenkreuzfahnen. Fahnenmast-Sockel der
Kundgebungstribüne (Nähe Carolabrücke), Foto
(Ausschnitt mit dem Dresdner Stadtwappen): Thomas Kantschew 2007,
Vergrößerung ganzes Bild
Karl Paul Andrae: Milchpavillon von 1936 (auch: Japanischer
Pavillon) mit Bronzeglocken, 1945 zerstört, 1990
wiedererrichtet. Originalentwurf im Archiv Landesamt für
Denkmalpflege Dresden. Im Inneren des Zylinders wurde Milch
verkauft. Paul Wolf strebte in öffentlichen Gärten
"Trinkhallen für alkoholfreie Getränke" an.
Von Andrae stammte auch die komplette neue
Innenausstattung des Lokals Narrenhäusel von 1936.
Otto Rost
(NSDAP-Mitglied):
"Große Knieende" - Sandsteinplastik von 1937 für die
Jahresschau Garten/Heim. Aufgesellt am Königsufer 1938. Hier am
Rosengarten in Dresden.
Foto: TK 2019
Die Plastik „Große Knieende“ des
Dresdner Künstlers Rost
korrespondiert in ihrer Körperhaltung mit der berühmten
„Knienden“ von Wilhelm Lehmbruck, ist aber ansonsten gänzlich
dem nationalsozialistischen Schönheitsideal verhaftet.
Lehmbrucks Figur, ab 1920 in der Skulpturensammlung Dresden
ausgestellt, wurde 1937 beschlagnahmt und im selben Jahr
in der Ausstellung „Entartete Kunst“ in München gezeigt. Sie
kehrte 1993 in die SKD aus New York zurück.
Wandgestaltung Augustusbrücke von Hans
Nadler mit Motiven an der Elbe, Foto: TK 2016,
Vergrößerung
Detail der Wandgestaltung mit Dresdner
Burg von H.Nadler, Foto: TK 2016,
Vergr.
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Edmund Moeller: Elbeschifffahrt
- Treidler /
Foto: TK Feb. 07
Zwei
Reliefs zum Thema Arbeiten und Leben mit dem Fluss Elbe
von
Hermann A. Raddatz - 1936 - 37 (östlicher Fries) von
Edmund Moeller - 1938 (westlicher Fries): "Die
Bomätscher" (sächsische Bezeichnung für
Schiffszieher, auch Treidler
genannt)
Zwei
außerordentliche interessante Figurenreliefs befinden sich
unterhalb der Albertbrücke. Zwei Künstler thematisieren
hier das Leben und Arbeiten einfacher Menschen am Fluss Elbe.
Dargestellt wird die Mühe der schweren Arbeit. Sehr
ernsthafte Gesichter geben ein ungeschminktes Alltagsbild,
jenseits vom gängigen heroischen NS-Kitsch. "Auf
der stromabwärts gelegenen Platte versah H.A. Raddatz die
dargestellten Arbeiter heimlich mit Portraitköpfen Dresdner
Künstler. Neben den Mitgliedern der umstrittenen
Künstlergruppe "Die Sieben": Fritz Winkler, Hans
Jüchser und Erich Fraaß sind K. Neuber und ein
Selbstporträt dargestellt (v.l.n.r.)." Zitat:
Jan von Havranek: das neue Dresden 1919- 1949. Dresden 2001 -
unveröffentlichtes Manuskript
zu
Moeller:
http://de.wikipedia.org/wiki/Edmund_Moeller
www.freie-akademie-dresden.de/edmund_moeller
Antje Kirsch: "Edmund Moeller: Auf der Suche
nach einem vergessenen Dresdener Bildhauer", Dresden 2005.
Freiheitsdenkmal in Trujillo (Peru) von Moeller 1927 -
Link zu www.peruprensa.org
- Gesamtansicht
heute
Karl
Paul Andrae (*1886
Dresden / + 1945 Dresden)
Um 1930 gewann er den Wettbewerb
zur Neugestaltung des Neustädter Ufers in Dresden. Ebendort
realisierte er 1936/37 die neue Innenraumausstattung des Restaurants
"Narrenhäusel",
welches zuvor Wohnzwecken diente. Zudem wurde eine umfangreiche
Biergartenanlage mit umlaufender Pergola, Ausschankhäuschen,
Treppen und Eisengeländern im Stil der Zeit errichtet. Seit 1937 war Andrae, der
1919 noch das Manifest des Arbeitsrates für Kunst
unterzeichnet hatte, Mitarbeiter der zunehmend in Sinne der
NS-Ideologie tätigen Dresdner Stadtbauverwaltung. Siehe
auch
Öffentlicher Arbeitsnachweis
Kurze
Biographie
in:
https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Paul_Andrae
http://deu.archinform.net/arch/17069.htm
Zusätzliche funktionale Änderungen
Die Umbaumassnahmen am Königsufer brachten auch funktional
entscheidende Änderungen mit sich. Zum Beispiel wurden die
Gewächshäuser im Garten des Japanischen Palais abgerissen und
als öffentliche Anlage umgestaltet.
Foto Zustand 1931. Zudem entstand vom Elbweg ein Zugang zur
Park des Jap. Palais in neobarockisierender Formensprache. Davor
war hier eine durchgehende Flutmauer. Abgeschafft wurde im
Zuge der Königsufer-Neugestaltung auch der
Turn-Vereinssportplatz an der Augustus-Brücke von 1928.
Foto: 1934. Das Wäschebleichen auf den Elbwiesen musste
eingestellt, Flussbäder im inneren Stadtbereich abgerissen
werden.
Vor dem Blockhaus kam ein Militärschuppen zum
Abriss, der den Blick zum Gebäude bisher verstellt hatte.
Karl Paul Andrae entwarf bei der Albertbrücke eine Tordurchfahrt
für Großfahrzeuge, die bis zum Propagandaforum unterhalb des
Finanzministerium auf einem asphaltierten Weg vorfahren konnten.
Diese Durchfahrt mit Treppenanlage wurde 2018 saniert
(Entwurf in der Bildstelle Stadtplanungsamt) (Foto
1937). Im Vordergrund stand allerdings ein Promenadencharakter, der zusätzlich mit nächtlicher
Laternen-Beleuchtung entlang des gesamten unteren Uferweges
versehen wurde.
Kritik
Es hatte
allerdings auch einige Kritiker gegeben, die die Entscheidung
zum Verzicht der geplanten Hochuferstraße und dem Abrücken einer
flankierenden großstädtischen Bebauung nicht befürworteten.
Dazu zählte der Verein zur Förderung der Neustadt,
den es schon seit Ende des 19.Jahrhunderts gab. Durch anhaltende
Entwicklungsdefizite gegenüber der Altstadt versuchte der Verein
immer wieder der potentiell vernachlässigten Neustadt zu mehr
Prosperität zu verhelfen. Curt Guratzsch als Leiter des
Vereins (und bis Juni 1933 Vorsitzender der Deutschnationalen Volkspartei in
Dresden -
DNVP) hatte deutliche Kritik an den Grünufer-Plänen des
Stadtplanungsamtes von Paul Wolf geübt, wurde aber von Seiten
der NSDAP in einem Artikel von 1934 dafür rüde attackiert: „Abrechnung
mit Kritikastern“. Gegenargumente wurde abgewiegelt: „Die
anderen Vorschläge, die mit den geplanten Prachtbauten, wie
Hotel, Stadthalle, hohe Ufermauern und dergleichen praktisch ein
Gegenstück zu dem weltberühmten Stadtbild der Altstadt bilden
sollen, sind aus finanziellen Gründen gänzlich undurchführbar.“
Zudem drängte man auf eine komplette Auflösung des Vereins: „Dieser
Verein besitze keine Existenzberechtigung mehr“.
Quelle: „Der Freiheitskampf“ „ Keine "Mainlinie" zwischen Alt-
und Neustadt_Herrn Guratzschs Nörgeleien vor dem
Stadtverordnetenkollegium“ Artikel vom 13.11.1934, S. 5–6 -
https://hait.tu-dresden.de Siehe auch:
Sächsische Volkszeitung vom 05.06.1936 "Dresdens Königliche
Promenade", Seite 4. Sowie ua.: "Was die Neustädter
wollen",
DNN vom 03.10.1930
Von Ernst Kühn
(Wettbewerbssieger 1910 zum Königsufer) existieren im
Stadtmuseum Dresden eine Menge Entwurfszeichnungen sowohl zu den
Planungen vor dem I. Weltkrieg, als auch Zeichnungen von
1933/34 zur neuen Brückenkopfgestaltung des
Neustädter Marktes mit Triumphbogen, Sachsenhalle und
"Fremdenhof" (Hotel). Auch diese Pläne wurden nicht umgesetzt:
https://sammlungsdatenbank-museen-dresden.de
Literatur:
Paul
Wolf: Die Neugestaltung des Dresdner Elbufers, In: DBZ 1933,
S.984-991
Dresdner Anzeiger, 5. und 6. Juni 1936
Offizielle Eröffnung des Königsufers
Balke, Heinrich: Die neuzeitlichen Grünanlagen
der Stadt Dresden. In: Die Gartenkunst 1936, S. 76-82
Christiane
Wolf, Gauforen, Zentren der Macht. Zur nationalsozialistischen
Architektur & Stadtplanung, Berlin 1999
Matthias
Donath, Architektur in Dresden 1933 - 1945, Meißen 2007
Jan von Havranek, das neue Dresden 1919- 1949. Dresden
2001 - unveröffentlichtes Manuskript
Hartmut Ellrich,
"Dresden 1933-1945. Der historische Reiseführer. Die
verdeckten Zeugnisse der »Gauhauptstadt«. Hitlers
Umgestaltungspläne für die Barockmetropole"-
Christoph Links Verlag 2008
Führerschule, Thingplatz, 'Judenhaus': Orte
und Gebäude der nationalsozialistischen Diktatur in Sachsen,
2014 von Konstantin
Hermann (Herausgeber),
Auszüge
Anmerkungen
(1)
aus: "Der Freiheitskampf" - amtliche Zeitung der NSDAP im „Gau
Sachsen" vom 31.08.1936, S. 5–6 unter der Überschrift:
"Bolschewismus ist Teufelsgeist!"_Hunderttausend Dresdner
jubelten Gauleiter Julius Streicher zu" Zitat aus dem
Artikel: „Hierbei zeigte
es sich, daß unser Königsufer eine geradezu ideale
Groß-Kundgebungsstätte ist.“ Quelle:
Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung (HAIT). Eine
Vielzahl weiterer politischer Propaganda-Veranstaltungen am
"Kundgebungsplatz Königsufer" findet man in der Suche
https://hait.tu-dresden.de
unter dem Stichwort: "Königsufer" (bisher digitalisiert
1930-36).
(2)
Christoph Zuschlag:
Die Dresdner Ausstellung "Entartete Kunst" 1933 bis 1937, in: Dresdner Hefte 22 (2004), Nr. 77, S. 17-25
(Text
als PDF)
(3)
Zur Ausstellungsleitung gehörten neben
Ehrenvorsitz: OB Zörner (seit Juli 1933 OB von Dresden, NSDAP)
und Ministerpräsident Sachsens 1933-34: Manfred von
Killinger (SA und NSDAP seit 1928)
Stellvertretender
Vorsitzende: NSDAP-Stadtverordnete Kunstmaler Wilhelm
Waldapfel,
Direktor Prof. Walther (Leiter der Landesstelle Sachsen der
Reichskammer der bildenden Künste), Herr Heinrich Salzmann
(Leiter der Landesstelle Sachsen des Propagandaministeriums),
aber auch Stadtbaurat Dr. Ing. Paul Wolf (NSDAP) und sein
Baudirektor Hischmann, ebenso wie der Direktor des Stadtmuseums
Dr. Karl Großmann.
Künstlerausschuss u.a.: Walter Gasch (sächsischer
Gaugruppenfachleiter der Bildenden Künste der NSDAP)
aus:
"Katalog und Führer. Sächsische Kunstausstellung Dresden 1934"
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E.
Moeller: Detail aus Elbeschifffahrt: müdes Paar. Diese
Darstellung entspricht so gar nicht dem heroischen Arbeitspathos
der offiziellen NS-Kunst. / Foto: TK Feb. 07 -
Vergrößerung
H.A.
Raddatz: spielende Kinder im Fluss
H.A.
Raddatz: Fischerei
H.A.
Raddatz: Fischerei
Gaststätte
"Narrenäusel" nach Umbau von Karl Paul Andrae, ca.
1937, Foto: SLUB
Biergarten Narrenhäusel - errichtet
1936, Foto: Jan.
2017 TK,
Vergrößerung
Hans Erlwein: Modell Hochuferstraße Neustadt 1910
(unrealisiert),
Vergrößerung
Der damalige Sieger für den Wettbewerb 1910 zur Bebauung des
Königsufers war der Professor der Technischen Hochschule
Dresden:
Ernst Kühn. Es wurden jedoch die Pläne Erlweins zur Weiterbearbeitung bestimmt.
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