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Kraftwerk
Mitte als neuer Kulturstandort
Staatsoperette und Theater der Jungen Generation (TJG) im Zentrum
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Altbauten des Bestandes und neuer Theaterkomplex,
Foto: 12/ 2016 TK
Vergrößerung
Operette
und Theater Junge Generation ziehen 2016 ins Kraftwerk Mitte
Die Stadt Dresden baute bis Ende 2016 einen Teil des morbiden
Industrieareals zu einem Kultur-Quartier um. Das hat endlich die
jahrelange erfolglose Suche nach einem neuen innerstädtischen Standort
für das beliebte Operetten- und Musicaltheater gelöst, welches nun von
der Peripherie in Leuben in die Mitte umgezogen ist. Gleichzeitig
nahm das ebenfalls am Stadtrand angesiedelte Theater der Jungen
Generation (TJG) gleich drei Bühnen im ehemaligen Kraftwerk Mitte in
Besitz. Die Zusammenlegung der beiden Theater in einem neuen
generationsübergreifenden Haus schafft eine besondere Atmosphäre.
Durch eine pragmatische Umnutzung des alten, lange Zeit brach liegenden
Kraftwerkes wird damit einer sinnfälligen neuen Nutzung
zugeführt. Seit Jahren gab es für dieses Areal Nutzungsvorschläge,
die alle nicht realisiert werden konnten.
Alle drei Spielstätten
- Operette, TJG und Puppenbühne - werden im Kraftwerk von einer Passage vom Wettiner
Platz erschlossen werden. Für die Operette und das TJG wird nun das ehemalige Maschinenhaus,
erbaut um 1890, genutzt. Hier entstanden in einer wirklich
spannenden Mischung aus alter Industriekultur und modernen
Einbauten das Foyer, Gastronomiebereich, Garderoben und offene
gläserne Büros. In hinzugefügten weißen Kuben sind eine kleine Studiobühne und
die Puppenspielbühne als Haus-in-Haus-System eingebaut. Mit einer
ausgeklügelten Lichtführung schuf pfp-Architekten hier für Dresden
eine der gelungensten Umnutzung stillgelegter Industriearchitektur.
In Richtung
Ehrlichstraße wurde ein größerer Neubau plaziert, der den Operetten-Zuschauerraum mit 700 Plätzen sowie den gesamten Bühnenbereich u.Künstlergarderoben aufnimmt. Zusätzlich findet in dem funktional gestaffelten Neubau auch das Theater Junge Generation ihren Platz mit einer Bühne für 350 Sitze
sowie eine geräumige Probebühne.
Die beiden zu einer funktionalen gemeinsamen Einheit
zusammengeführten Spielstätten behalten ihre eigenen angestammten
Namen mit zwei Intendanten. Übergeordnete Bezeichnung für das gesamte Arel,
in dem noch andere Institutionen ihren Sitz haben, ist Kraftwerk Mitte.
Architektur
Die Form des Neubaus gestaltete der Hamburger Architekten Jörg Friedrich streng kubisch. Seine rechtwinkligen Kuben aus Backstein und
Stahl greifen die Tradition der neuen Sachlichkeit von Paul Wolfs
Anbauten um 1928 erneut auf, übersetzen sie aber mit ganz anderen
Fensteröffnungen und zusätzlichen Glaskuben in die Gegenwart. Das
Sockelgeschoss ist eine Art "metallisch schimmernde Schleier aus
vorbewitterten Metallelementen aus Cortenstahl", gebaut von
Schrag.
Ein kräftiger städtebaulicher Akzent ist im neuen Bühnenturm gesetzt,
der mit einer werksteindurchbrochenen Lichtarchitektur auch am Abend
eine besondere Signalwirkung ausstrahlen hätte können, wie es auf der
Visualisierung zu sehen ist. In der
Umsetzung allerdings wurde dieser
besondere Leuchteffekt leider - wohl aus Konstengründen - eingespart.
Nun sind die Ecken des Bühnenturmes nur mit versetzten Klinkersteinen
der Fassade leicht betont.
Visualisierung: Stadt Dresden / pfp Architekten
Im Turm sind Probebühnen gestapelt übereinander angeordnet. Dieser Probebühnenturm soll mit den anderen Bühnentürmen eine Art "Theaterstadtskulptur" bilden und an die Silhouette des abgerissenen Kesselhauses erinnern.
Innenraum
Die Innenarchitektur der neuen Operette ist hauptsächlich in Rot und Schwarz gehalten.
Charakteristisch sind die kristallin-geometrischen Schmuckelementen im Raum. Der Kristall
als expressionistisches Symbol vermag eine schöne Assoziation zu
einer großen Theaterepoche in Dresden zu wecken. Zudem dient die bewegte Oberfläche einer besseren Akustik.
Der Raum wurde während der Planungs- und Bauphase verändert.
Hier die ausgeführte Fassung (Visualisierung:
PFP Architekten).
Der ehemals rund-geschwungene Rang wurde
fallen gelassen. Auch diese
Variante war im Gespräch (Visualisierung pfp Architekten).
Schließlich entstand eine Version, die an den Rändern in einzelne
Dreiecke auseinander bricht (Foto:
Sommer 2016).
Jörg Friedrich ist in Sachen Theaterneubau kein Anfänger. Unter anderem hat er das neue Theater in Erfurt gebaut, ebenfalls in einem leuchtenden Rot.
Das Saal des tjg in rechteckiger "Schuhkartonform" hat dagegen eine schwarzdunkle Oberfläche bekommen
mit leuchtend bunten Sitzen.
Sächsischer
Staatspreis für Baukultur 2017
Der Preis ging 2017 an das Kraftwerk Mitte Dresden.
Mit der
Auszeichnung würdigte die Jury den Umbau des ehemaligen Heizkraftwerks
Mitte zu einem kulturellen Zentrum. Das Sächsische
Staatsministerium des Innern, die Ingenieurkammer Sachsen und die
Architektenkammer Sachsen sind Auslober des Sächsischen Staatspreises für
Baukultur 2017. Der Staatspreis wird für Leistungen auf dem Gebiet der
Baukultur in Sachsen verliehen. Im Jahr 2017 lautete das
Wettbewerbsthema „Bau – Kultur – Bildung“.
Die Begründung der Jury Mit dem Kraftwerk Mitte wurde ein
historischer Gebäudekomplex auf einem Areal von 40.000 m² unter den
Auflagen des Denkmalschutzes zu einem kulturellen Zentrum der Stadt
Dresden umgestaltet. Identitätsprägende Bauwerke werden geschickt mit
neuen Bauwerken ergänzt und durch Veränderung der Innenräume an die
zukünftigen Nutzungen angepasst. Durch die Integration vielfältiger
kultureller und kreativer Einrichtungen wird ein pulsierendes
Stadtquartier geschaffen, das zugleich die neue Heimat der
Staatsoperette Dresden und des Theaters der Jungen Generation wird.
Durch den behutsamen denkmalpflegerischen Umgang bleibt die
historische Bausubstanz erlebbar und die frühere industrielle Nutzung
zugleich ablesbar.
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Logo Kraftwerk
Mitte (Dachmarke für alle Institutionen auf dem Gelände)
Haupterschließungsstraße und Theater-eingang (links)
Foto:
12/ 2016 TK
Das alte Maschinenhaus wurde zum Foyer
umgebaut.
Foto:
12/ 2016 TK
Neues Theaterfoyer,
Foto: 12/ 2016 TK
Zwei historische Figuren vom alten Alberttheater (Musik u. Tanz),
Foto: 12/ 2016 TK
Modernes und Reste alter Industriekultur,
Foto: 12/ 2016 TK
Im Maschinenhaus von 1928 ist der Kubus der TJG-Studiobühne
untergebracht.
Foto
Blick auf Bühnenturm der Staatsoperette und Werkstätten, Foto:
12/2017 TK,
groß
Zwischenebene, Foto: 12/2017 TK,
groß
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Grundriss KKM Ebene 0, Quelle:
http://ratsinfo.dresden.de (2013)
Übersicht über die 4 Bühnen des Theaterkomplexes,
Foto aus dem Foyer 12/ 2016
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Gläsernes Büro Ebene 1, Foto: 12/2017 TK,
groß
Alte, originale Stahlfenster - dahinter jetzt die
Theaterkantine, Foto: TK
Reste des ehemaligen Heizkraftwerks wurden (zum
Glück) stehen gelassen.
Foto: 12/ 2016 TK
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Kosten
Der Kostenrahmen von 62 Mill. Euro an die Firma Züblin für das eigentliche Bauvorhaben sollte keinesfalls überschritten werden.
Schließlich sind es doch insgesamt knapp 100 Mill. Euro an Investition
für den gesamten Umbau geworden.
Um Kosten einzusparen wurden Teile der Werkstattgebäude für die Staatsoperette
und das Theater Junge Generation am alten Standort in Cotta eingerichtet. Darüber hinaus wurde auf eine Tiefgarage auf dem Kraftwerksgelände verzichtet und ein
neuer Parkplatz außerhalb des Quartiers an der Könneritzer Straße errichtet.
Einsparmöglichkeiten wurden zudem genutzt, indem man auf die ehemals vorgesehene Nutzung des Bestands
im alten Umspannwerk verzichtete und alle Einrichtungen nun im südlichen
Maschinenhaus sowie dem daran anschließenden Neubau unterbrachte.
Insgesamt stellt diese Realisation eine erfreuliche Lösung für
die lange aufgeschobenen Probleme dar. Das Kraftwerk-MItte als neuer
Kulturstandort kann nun erheblich zur Belebung der Wilsdruffer
Vorstadt und der angrenzenden Friedrichstadt beitragen. Zudem erhofft
man sich bessere Touristenangebote, jenseits von Semperoper und
Schauspielhaus in einem potentiell urbanen Stadtteil. Gleich gegenüber
am Wettiner Platz liegt z.B. die Musikhochschule mit einem erstklassigen
neuen Aufführungssaal. Das Quartier wird jetzt schon als "Musikerviertel" bezeichnet.
Gegenüber am Platz entsteht z.Z. ein Hotel- und Wohnkomplex. Nur die
Kreativbranche ist unzufrieden mit den überaus hohen Mieten, die der
Besitzer Drewag verlangt. Siehe
TAZ vom 9.8.2016.
Abriss und Neubau
Das ehemalige imposante Kesselhaus von Paul Wolf aus dem Jahre
1928 wurde 2006 abgerissen. Mit gutem Willen hätte man in dieser
grandiosen Ikone großstädtischer Industriearchitektur die
Operette gut unterbringen können, aber 2006 liefen noch Pläne
für einen Neubau am Wiener Platz.
Nun entstand an der gleichen Stelle des abgerissenen Kesselhauses
der Neubau für den Operettensaal, Seiten- bzw. Hinterbühne, Werkstätten
und Proberäume, was funktional besser zu gliedern war.
www.dresden.de (Pressemitteilung anlässlich der Feierlichen Eröffnung
mit 16.12.2016 - mit Fakten, Zahlen und einem Bautagebuch-Ticker)
Ein verrrücktes Paar
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www.tagesspiegel.de vom 21.07.2016
Der Eigentümer - die Drewag - vermietet bereits große Teile des Geländes an die Kreativwirtschaft. Einen sehr guten Überblick über die derzeigen Planungen auf dem gesamten Gelände bietet diese Webseite: www.kraftwerk-mitte-dresden.de
Christine Ryll: Gemeinsam
unter einem (Kultur-)Dach. Theater | Kraftwerk
Mitte Dresden.
DBZ 11/2018
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Fassade aus Glasfenstern und vorge- hängtern
Cortenstahl, der mit einem Lochmuster Ausblicke erlaubt, aber auch
Sonnenschutz bietet. Ehrlichstraße - im Hintergrund Bühnenturm, Foto:
12/ 2015
vorbewitterter Cortenstahl, Foto: 12/2015
Rostige Industrie-Ästhetik,
Foto: 12/ 2016
Kunsthalle in der ehem Heizzentrale (Zwischenbau) von 1963,
Foto 03/2019 TK
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Probeturm und Werkstätten,
Foto:
12/ 2016 TK |
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Sogar Fahrradständer wurden in diesem Material gestaltet.
Foto: TK |
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Ansicht Ost vom Wettiner Platz (Vergrößerung)
- Visualierung: pfp
Architekten 2013 |
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Hörenswert:
"Der erste Schritt dieser Stadt seit 1989, kulturell etwas Neues zu schaffen" - Ein Plädoyer für das Kulturkraftwerk
www.musik-in-dresden.de - von Michael Ernst 23.11.2010
Schon jetzt wird das Ensemble mit verschiedenen Veranstaltungen belebt, u.a.: http://kraftwerk-club.de
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Stahl, Ziegel, Beton und Glas - Materialien der
klassischen und der zeitgenössischen Moderne, Foto: 12/ 2016 TK
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Dresden - eine Stadt (auch) für Junge?
Die klare Entscheidung für den Umzug des völlig im städtischen Abseits gelegenen Theaters der Jungen Generation (TJG) in die Mitte Dresdens bedeutet (neben der Klärung der Operettenfrage) endlich auch ein wirklich positives Statement für Kinder und Jugendliche. Während die Operette - vornehmlich ein Theater der älteren Generation (TÄG) - in Dresden durchaus die PR-Maschinerie mobilisieren konnte, fanden sich für das innovative Jugendtheater kaum Fürsprecher. Es
war bis 2016 in einer ehem. Tanzdiele an der Meissner Landstraße (in Briesnitz) am Stadtrand beheimatet.
Nun lockt das abenteurliche Ambiente eines stillgelegenen Heizkraftwerks
die Kids ins Zentrum.
Das TJG besteht übrigens schon seit 1949 und ist damit das zweitälteste Kindertheater Deutschlands. Es
wurde wirklich Zeit, dass das Kinder- und Jugendtheater ins Zentrum Dresdens umzog und damit eine viel bessere Erreichbarkeit (vor allem aber auch eine bessere öffentliche Wahrnehmung) erzielt werden
konnte.
Sehenswert: www.tjg-dresden.de Webseite des TJG
Hoffnungsschimmer: der Förderverein tjg (seit 1990)
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Webseite des TJG
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ursprüngliche Planung mit einem zentralen Neubau (2010), Foto: Stadt Dresden
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Vorschlag Stesad-Studie 2011:
Während die Pläne 2008 noch die Unterbringung des TJG im Altbaubestand (ehem. Umspannwerk) vorsahen, schlägt 2011 die Stesad eine kostengünstigere Variante vor. Beide Bühnen sollten nun als Neubauten kommen. Die funktionale Gliederung sähe dann beide Bühnen nebeneinander vor, die von Theaterwerkstätten im Zwischenraum bzw. hinter den Bühnen eingebunden wären. In der Mitte sollte eine kleinere Studiobühne für beide Spielstätten Aufführungen mit Experimentiercharakter ermöglichen. Eine Puppenbühne und eine Probenbühne würden sich um das gemeinsam genutzte Foyer gruppieren.
Quelle der Pläne:
DNN vom 05.05.2011: Plan: TJG erhält Neubau neben der Operette
Laut Stesad-Studie kann die Stadt bis zu 15,6 Mill. Euor sparen.
"Rund 89,3 Millionen Euro kostet das Kulturkraftwerk Mitte im ehemaligen Heizkraftwerk am Wettiner Platz – gemäß Ratsbeschluss der neue Standort für das Theater Junge Generation (TJG) und die Staatsoperette. So hat es das Hochbauamt der Stadt auf Basis einer Arcadis-Studie berechnet.
Das ehemalige Maschinenhaus dient als Foyer für Operette und TJG. Neubauten für alle Bühnen seien insgesamt rund 5,4 Millionen Euro günstiger, als das TJG ins ehemalige Umspannwerk zu stecken, so die Stesad.
Seite an Seite stehen die Theater im neuen Kulturkraftwerk Mitte am Wettiner Platz, inklusive Werkstätten. So stellt sich das die Stesad vor, eine Projektentwickler-Firma der Stadt.Grafiken: Stesad GmbH "
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Grafiken: Stesad GmbH - groß
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