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Architekten: Eckart
Thürmer, Rolf Berger und Michael Franke
Bauzeit: 1967-71
Adresse: Carola Platz
"Die Carolabrücke zwischen Augustus- und Albertbrücke
wurde 1892- 95 von H. Klette und K. Manck errichtet. Dieses 500 m
lange Bauwerk war eine Kombination von Stein- und Eisenträgerwerk,
das nur mit 2 Strompfeilern die Elbe überspannte. Erhalten sind
lediglich die 1907 von Friedrich Offermann geschaffenen Reiterplastiken
(Nereide und Triton) am Altstädter Brückenkopf. Nach irreparablen
Kriegsschäden (*) wurde die Brücke 1967-71 von Eckart Thürmer,
Rolf Berger und Michael Franke mit einer Gesamtlänge von 120
m im Strombereich die längste Spannbetonkonstruktion der DDR."
(Architekturführer Dresden, 1997)
* = unkorrekte Angabe. Die Brücke wurde nicht durch "den Krieg" zerstört, sondern durch fanatische Zerstörungswut von SS-Kommandos erst am 7.Mai 45, einen Tag vor Kriegsende, gesprengt. Diese sinn- und kopflose Aktion sollte die heranrückende Rote Armee aufhalten, was nicht gelang und letztlich das Alltagsleben der Stadt über Jahrzehnte erschwerte.
Voutenträger - Balkenbrücke
Die neue Elbbrücke zwischen Carolaplatz und Rathenauplatz ist das Ergebnis eines 1965 ausgeschriebenen Wettbe-werbes, den das Kollektiv Thürmer, Berger und Franke gewann. Beim näheren Betrachten fällt die Eleganz der Schwingung
dieser schönen modernen Brücke auf. In rasanten Kurven flutet
der Verkehr von der Alt- zur Neustadt - eine gelungene
architektonische und ingenieurtechnische Leistung.
Drei verschiedene Stränge verbinden Fahrradstreifen, Auto- und
Straßenbahnverkehr in einer erträglichen Breite.
Für die schmalen stromlinienförmigen Pfeiler wurde, wie
schon bei der Autobahnbrücke
von 1936, eine Verkleidung in rotem sächsischen Granit verwendet.
In der Planungsphase gab es verschiedene Varianten, eine davon mit
einem sehr hohen Pylon (90 Meter) als Schrägseilbrücke, 1963 vom ehem.
Chefarchitekten Dresdens Herbert Schneider entworfen. (Entwurf im
Landesamt für Denkmalpflege Sachsen) Nach zähen Diskussionen entschied
man sich jedoch für ein niedriges Bauwerk (ohne hohe Trägermasten etc.), die
den freien Blick auf die berühmten Elbsilhouette nicht beeinträchtigen.
Zeichnung: Jan. 1967

Erneuerung und Bewahren
Die beiden Plastiken der alten Brücke thematisieren einmal mehr
das große Thema Erneuerung und Bewahren in Dresden. Sie stehen
zusammenhanglos und verloren am Rand der Wiese. Nur Eingeweihte wissen,
dass es sich um Nereide (Allegorie der befruchtenden Kraft des
Wassers) und Triton (Allegorie der zerstörerischen Kraft des Wassers)
handelt. Friedrich Offermann schuf 1907 diese Kunst am Brückenbau und gab ihnen die Namen "Bewegte Elbe" und "Ruhige Elbe".
Diese Relikte der alten, überbordend geschmückten Brücke
aus der Belle Époque- Zeit kontrastierten auf eine bizarre Weise mit dem spröden
Reiz des neuen konstruktiven Bauwerks.
Die Carolabrücke ist nach Carola von Wasa (1833-1907)
benannt, Gemahlin des sächsischen Königs Albert. Von 1971
bis 1991 trug die neue geschwungene Betonbrücke den Namen des
ersten Dresdner Oberbürgermeisters von 1945 nach Zusammenbruch,
Befreiung und Besetzung:
Dr. Rudolf Friedrichs. Der ehem. SPD- und spätere SED-Genosse
Friedrichs stand als Ministerpräsident von 1946 der sächsischen
Landesregierung vor. Er starb
bereits im Juni 1947.

Carolabrücke mit Blick zum Rathenauplatz und Pirnaischer Platz
nach Süden, ca. 1972
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Kühn gespannter Beton
Der Bau der Carolabrücke war 1968 eine gewagte Ingenieurleistung.
Von Stefan Rössel
(SZ vom 12.05.05)
Als die Carolabrücke 1895 eröffnet wurde, war sie bereits die
vierte Elbbrücke in der Stadt. Schon damals wurde besonders auf den
Schiffsverkehr Rücksicht genommen. Um ihn möglichst wenig zu beeinträchtigen,
bekam das 332 Meter lange Bauwerk im Strombereich nur zwei steinerne
Pfeiler. Das gewährte eine Spannweite bis zu 61 Metern. Die Konstruktion
wurde aus Stahlbögen mit Fachwerk errichtet.
Auch in der Epoche sollte sie eine zweite Voraussetzung erfüllen:
Der Ausblick von der Brühlschen Terrasse auf die gegenüberliegenden
Elbhänge musste frei bleiben. Deshalb wurde die Konstruktion flach
gehalten; auf hochragende Pfeiler wurde verzichtet.
Mit dem Kriegsende kam 1945 auch die Zerstörung der Carolabrücke.
Der Historiker Uwe Schieferdecker schreibt: „Am 7. Mai erreichten
erste sowjetische Truppen die Neustadt. Am selben Abend zerstörten
Sprengkommandos der SS die Dresdner Elbbrücken.“ Nur die Pfeiler blieben
in der Elbe.
Die Maximen der ersten Konstruktion galten auch für den Neubau. Flach
sollte er sein, um die Blickbeziehungen möglichst wenig zu stören.
Und er durfte dem Schiffsverkehr nicht im Wege stehen. Die Reeder
forderten sogar, den Strompfeiler auf Altstädter Seite zu beseitigen.
Das wurde mit einer völlig neuen Konstruktion erreicht. Spannbeton
und Hohlkastenträger bilden das Grundgerüst. Das Hauptstück überspannt
120 Meter, so dass im Strombereich nur noch eine Stütze steht. Insgesamt
kommt sie mit vier neuen Pfeilern aus. Ein Koppelträger hält drei
getrennte Brückenteile für zwei Fahrbahnen und die Straßenbahngleise
zusammen.
Auch die zweite Carolabrücke wurde in ein neues Verkehrskonzept eingepasst.
Der Generalbebauungsplan von 1967 spricht von einer „neuen Trasse“
für eine autogerechte Stadt. Breite Schneisen ziehen von Albert- und
Palaisplatz über die neue Brücke zur St.Petersburger und Budapester
Straße.
Sie ist auch die mit Abstand am stärksten frequentierte städtische
Brücke über die Elbe. 53 000 Fahrzeuge pro Tag wurden 2003 im Durchschnitt
gezählt, 10 000 mehr als auf der Albertbrücke.
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Modell Carolabrücke (Vorstufe) mit längerer Auffahrtsrampe und
flankierender Bebauung, Foto: SLUB Dresden 1962
Generalbebauungsplan Dresden 1967
Im nebenstehenden Dresdner Bebauungsplan von 1967/ 1969 ist die
radikal moderne Verkehrstrasse der Nord-Südschneise, die die
Alt- und Seevorstadt von der östlich gelegenen Pirnaischen Vorstadt
abtrennt und dem Großstadtverkehr alle Zukunftsprioritäten
einräumt, gut zu erkennen. Die Planung ist nur z.T. realisiert
worden. So ist der Verkehrstunnel am Wiener Platz erst nach 1989 entstanden,
während der Platz völlig von Autoverkehr befreit worden
ist. Der überdimensionierte Pirnaische Platz, der Rathenau- bzw.
Carolaplatz auf der Neustädter Seite sowie die überbreiten
Fahrbahnen sind jedoch Resultat dieses hypertrophen, grenzenlos auf
Wachstum eingestellten Verkehrskonzeptes, zu dem auch die Carolabrücke
gehört.
Bereits 1951/52 hatte es in Dresden einen
städtebaulichen Wettbewerb für eine leistungsfähige
"Nord-Süd-Verbindung" zwischen Altstadt und Pirnaischer Vorstadt
gegeben, bei dem das "Kollektiv Wolfgang Rauda" den ersten Preis
errang. Die Umsetzung wurde jedoch in den 1950er Jahren nicht weiter
verfolgt, da die Altmarktplanungen (zentraler Platz) und die
Errichtung der Ernst-Thälmannstraße ("Ost-West-Magistrale") Priorität hatten.
Wie nah sich die Idealplanungen für eine autogerechte Stadt in Ost und West waren, hat 2001 Barbara Schmucki untersucht:
Literatur:
Barbara Schmucki: Der Traum vom Verkehrsfluß. Städtische
Verkehrsplanung seit 1945 im deutsch-deutschen Vergleich (speziell
München und Dresden), Frankfurt Main 2001 / Link
zum vollständigen Text bei google (ab S. 230)
Generalbebauungsplan und Generalverkehrsplan der Stadt Dresden. Rat
der Stadt Dresden 1967

Carolabrücke (ehemals
Dr.- Rudolf- Friedrichs- Brücke),
Foto: TK 2012 - andere Perspektive
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Einige Jahre früher wie die Carolabrücke wurde von 1963-67
der Straßenzug Budapesterstraße von W. Thürmer über
den 26er Ring und die Eisenbahntrasse errichtet - ebenso ein eindrucksvoller
Verkehrsbau als typisches Beispiel der 60er Jahre in Deutschland.
Foto: Dt. Fotothek, ca: 1968
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Ruine der alten Carolabrücke im Winter 1945/46, die Brücke wurde im Mai 45, wie alle Brücken der Innenstadt, von der SS gesprengt. Foto: SLUB
             
Dr. Rudolf-Friedrichsbrücke,
1975

Die Carolabrücke erhielt 1971 eine relativ niedrige Beleuchtung
von je zwei zylinderförmigen Leuchten, die in Abstand von ca. 5
Metern entlang des Geländers angebracht wurden. Foto: Mai 2010
TK
Vergrößerung
bzw. Gesamt-ansicht des Bebauungsplanes der Dresdner Innenstadt von
1969

Städtebaulicher
Wettbewerb Dresden Nord-Süd-Verbindung 1951/52. Wolfgang Klier: Ankauf,
Quelle: IRS Erkner (DDR
Planungsgeschichte PDF),
Vergrößerung
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