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Architekt: Ortner & Ortner
Bauzeit: _1999 - 2003
Adresse:.
Zellescher Weg 18
Offizielle Webseite: www.slub-dresden.de
"Mit der
Zusammenführung der Sächsischen Landes-, Staats- und Universitätsbibliothek
entsteht eine Bibliothek von europäischer Bedeutung. Um die große
Baumasse in die parkähnliche Anlage des ehemaligen Sportplatzes
möglichst ohne Beeinträchtigung der weiteren Freiräume
zu integrieren, sind die wesentlichen Funktionen zwischen zwei Riegeln
auf die Untergeschosse verteilt. Nur die zwei Natursteinquader mit
Cafeteria, Magazin und Verwaltung ragen als klare Kuben aus den Rasenflächen
heraus, die von horizontalen Oberlichtern der unterirdischen Erschließungs-
und Lesesaalbereiche wie Wasserbecken historischer Schloßanlagen
gegliedert wird. Der Eingang liegt unter einer Kolonnade der Stirnseite
des westlichen Baukörpers und nutzt den Halbkreis der ehemaligen
Laufbahn als vertieften Eingangshof. Das Foyer taucht den Besucher
über eine Treppe unter einem Oberlichtsaal in die unterirdische
gediegene Welt von Säulenreihen, Galerien und Stegen bis hin
in den zentral gelegenen Lesesaal. Dieser dreigeschossige, von oben
belichtete Lesesaal ist das Herzstück des Entwurfs, um den herum sich
sämtliche Funktionen anordnen.
Die Fassaden
der zwei oberirdischen Gebäude sind mit Thüringer Travertin verkleidet.
Unregelmäßige vertikale Nuten in den Natursteinplatten erinnern an
Buchrücken in den Regalen traditioneller Bibliotheken oder Strichcodes
als mediale Form der Informationsspeicherung. Gemeinsam mit den schmalen
durch Silikon geschlossenen Fugen entsteht ein monolithisches Erscheinungsbild,
das für eine konventionell konstruierte vorgehängte Fassade ungewöhnlich
ist." (Textquelle: www.detail.de/Archiv/De/HoleArtikel/5275/Artikel)
Städtebauliche Kommunikation
Die Einbindung des vorhandenen gestalteten Naturraumes in den neuen
Wissenstempel in allen Ehren, aber die SLUB verbirgt sich durch den
stehengelassenen Erdwall und die hohen Lindenbäume als Architektur
von der Straße und dem Stadtraum. Architektur also, die nicht
vom (Stadtraum) Zelleschen Weg der städtischen Öffentlichkeit
ins Auge fällt.
Webseite der 1987 gegründeten österreichischen Architekturbüros
(darinnen auch zur SLUB): www.ortner.at
Das Büro hat u.a. 1999 das Berliner ARD-Haupstadtstudio gebaut,
2000 das Züricher Kultur- und Werkzentrum "Schiffbau" und 2000
das Museum für Moderne Kunst Wien.
weiter Informationen zu diesem Büro:
www.archinform.de
Der leere Platz - Kalte Geometrie
Dieser strenge Bau ist eine Huldigung an die Rationalität, die
die Architekten aus der vorrangig intellektuellen Beschäftigung
mit dem geschriebenen Wort ableiten. Emotionalität und Sinnlichkeit
werden dagegen unterdrückt, um die angestrebte Konzentration
auf eine dichte Arbeitsatmosphäre zu intensivieren. Sehr schmale
Fensterschlitze verhindern zudem eine mögliche Ablenkung durch
zuviel Wahrnehmung von Außenwelt, worunter u.a. die Mitarbeiter
des hinteren Verwaltungsflügels zu leiden haben.
Das Bunkerhafte der Architektur manifestiert sich in den exorbitant
hohen Energiekosten, die die künstliche Beleuchtung der weitgehend
unterirdischen Leseräume verursachen.
Eine gewisse Poesie stellt sich durch das Licht-und Schattenspiel
der fein gefrästen Nuten zwischen den "Buchdeckeln"
ein. Doch die inhaltsleere "neutrale" Textur erreicht durch
die endlose Wiederholung des Themas keine wirkliche Lebendigkeit.
Der Blick kann nicht verweilen und gleitet an der monolithischen Fassade
ab. Die Abstraktion der äußerst strengen Form vermittelt
lediglich den Gedanken von Reduktion.
Manch einer findet jedoch gerade das ansprechend wie z.B. der Architekturkritiker
Wolfgang Kil, der neben den funktionalen Vorzügen besonders die
"statuarische Ernsthaftigkeit" preist. Im Vergleich zur
neuen Universitäts-Bibliothek in Magdeburg von Auer & Weber
vermisst man jedoch, gerade was die Funktionalität angeht, ein
geräumiges, einladendes Foyer, welches zur Kommunikation ermuntert.
Selbiges ist in Dresden zu niedrig und unkommunikativ geraten. Desgleichen
die enge Cafeteria.
Was bedeutet "Aufklärung" im 21. Jahrhundert?
Diese im Äußeren betont sachlich- funktionale Architektur
entbehrt eines wirklich künstlerischen Gegengewichtes, welches
der Auseinandersetzung mit dem Wort ein Ziel, eine Richtung, eine
ethische Richtschnur mitgeben würde.
Jene bloße Anbetung
eines wissenschaftlich-technisches Zeitalters ohne eine humanistische
Verankerung birgt erneute Gefahr von sich verselbständigendem
Forscherdrang. Doch die Leere des Vorplatzes am Eingang ist symptomatisch
für einen reinen Zweckbau und letztlich für eine wenig visionsreiche
bundesrepublikanische Gegenwart.
Vielleicht wäre eine aussagefähige Botschaft gewesen, wie
Aufklärung angesichts der Flut von weltweiten Publikationen
und medial produzierten bzw. gespeicherten Wissens im neuen
21. Jahrhundert sinnvoll fortgeführt werden könnte.
Ein sich Verstecken hinter der Beliebigkeit positionsloser Stein-
(und Glas)kulissen kann aber keine Antwort auf drängende Herausforderungen
der gemeinsamen globalen Zukunft sein.
Der strenge Bau strahlt einen kühlen Vernunftsrationalismus
und die Dominanz abstrakter Moderne aus. Kalte Geometrie im
Äußeren, im Inneren dagegen erreichen die Architekten mit
schönen Materialien, wozu sogar der unverputzte Beton zählt,
durchaus eine gewisse Wärme und wohlige Behaglichkeit.
"Neue Deutsche Architektur"
Die Slub wurde 2002 in die Ausstellung "Neue Deutsche Architektur"
als eine qualitativ herausragende Architektur im wiedervereinten Deutschland
mit aufgenommen. Auf der Webseite heißt es dort:
"Was ist die Neue Deutsche Architektur, was zeichnet sie aus,
welchen Charakter hat sie? Zwei prominent besetzte Jurys - eine deutsche
und eine internationale - haben 25 aktuelle Gebäude deutscher Architektur
ausgewählt. Eine Auswahl, die so etwas wie die architektonische Signatur
des Zeitgenössischen in Deutschland darstellt."
Leider wurden in dieser Ausstellung unter den "zehn herausragenden
Architekturbüros", die man als die "wichtigsten (prägenden)
architektonischen Strömungen in Deutschland seit 1975"
auflistete, kein einziges Architekturkollektiv aus der DDR genannt
- kein Ulrich
Müther, kein Wolfgang Hänsch, kein Heinz Graffunder oder
sonst wer. Das wirft erneut ein bezeichnendes Bild auf die Defizite
des Einigungsprozesses und auf eine unerträglich reduzierte westdeutsche Sichtweise!
Deutschland - das war, ohne jeden Zweifel, auch die Deutsche Demokratische
Republik (auch wenn der postulierte Demokratieanspruch in der DDR
der Realität nicht gerecht wurde).
Weiter heißt es zur "selbstkritischen, reflexiven Moderne":
"Das ist das Neue: die heutige Situation lässt sich nicht mehr
als stilistische Entwicklungsphase beschreiben. Architektur antwortet
am Beginn des 21. Jahrhunderts auf die gesellschaftlichen Herausforderungen
nicht mehr als Stil, sondern als Haltung. Diese Unübersichtlichkeit
(Habermas) ist nicht nur Ausdruck eines Abschieds von den großen Ideologien,
sondern ebenso Ausdruck einer spezifisch erhöhten kulturellen Sensibilität,
die sich der Ambivalenz der fortschreitenden Modernisierung bewusst
ist, deren Chancen erkennt wie die Risiken, deren Gewinne verbucht
wie die Verluste.
Eine Architektur, die in diesem Sinne zeitgenössisch ist, hat die
"erste", die heldische Moderne früherer Zeiten hinter sich gelassen.
Moderat, nicht auftrumpfend, selbstbewusst nachdenklich, ohne falsches
Fortschrittspathos: Die Neue Deutsche Architektur ist eine Architektur
der selbstkritischen, der reflexiven Moderne."
Der ganze Text und mehr zu dieser Ausstellung:
www.neue-deutsche-architektur.de/ausstellung/inhalt.htm
Wo die Moderne verbuddelt wird
Dresden ist die Hauptstadt der Nostalgie - und könnte sich doch über
die neue Staatsbibliothek freuen.
Christian Tröster - "Die
Zeit" 17/2002
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Lesesaal / Quelle:
"Immo Göbel - Webable Mediengesellschaft bR" 
Quelle: "Immo Göbel
- Webable Mediengesellschaft bR" 
Quelle: "Immo Göbel
- Webable Mediengesellschaft bR" |