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Architekten:
Sprunghalle:
VEB
Hochbau-Projektierung
Planung: Claus Kaiser, Helmut Regel, Joachim Hans Schulz
Schwimmhalle:
VEB
Projektierung für Sportbauten Leipzig
Städtebau: ----------Hans Konrad
Entwurf Hochbau- Arch.: Günther Nichtitz, Eva Kaltenbrunn,
_______------------- Eitel Jackowski
Konstruktion:------ Jürgen Quade,
Günther Schneider
Bauzeit: Sprunghalle 1964; Schwimmhalle 1968/69
Adresse: Freiberger Platz
Erweiterung Sprunghalle 2003:
Johannes Böhm www.ab-boehm.de
Erweiterung
/ Sanierung zum Schwimmsportzentrum 2003- 2020
durch die Arbeitsgemeinschaft SSK (Code Unique Architekten GmbH und
Dähne Architekten PartGmbh)
www.codeunique.de
und
www.daehne-architekten.de
Sprunghalle
Die Trainingshalle für Turmspringen von 1964 - ein moderner Stahlskelettbau
mit ehemals transparenter Glasfassade zum Platz zu. Dezent flach geneigtes
Dach mit leicht vorstehender Überdachung.
Ehemals schöne klare Gliederung der gläsernen Schauseite.
Leicht auskragende Fenster im Erdgeschoss.
Die Seitenfassaden mit ehemals interessanter Flächen-gestaltung
eines angenehmen Musters im Wechsel von quadratischen und rechteckigen
Nischen, in denen sich blaue Keramikmosaiken befanden. (Im Inneren
u.a. 10 Meter Sprungbrett)
Nicht nur zum Vorteil gereichte dem Bauwerk der neue Anbau von 2003
mit einer breiten öffentlichen Zuschauertribüne. Natürlich
sind für den Dresdner Sprungsport die reichlich 200 Sitzplätze
ein großer Vorteil, denn die Halle ist jetzt auch für internationale
Wettkämpfe geeignet. Aber: der schroffe Anbau entfernte die
einstige Offenheit und Transparenz der wohlgestalteten Glasfassade.
Diese ermöglichte dem sportbegeisterten Passanten vor dem Umbau,
die eleganten Drehungen der Turmspringer von der Straße aus
zu beobachten. Für die Springer ist dazu das nun nötige
Kunstlicht ein enormer Störfaktor.

Auch von innen sieht die konstruktive Lösung wenig
elegant aus.
Foto: Leonhard, Andrä und Partner lap
Das Material des Anbaus: Beton mit Holzverkleidung, ein in der neueren
Architektur Dresdens selten angewandter Baustoff! Glas an den schmalen
Seitenfassaden. Der Anbau ist zwar funktional, wendet sich aber nun
dezidiert vom Freiberger Platz ab, welcher einer der ältesten
noch vorhandenen Dresdner Plätze darstellt (im Mittelalter wegen
der hier noch vorhandenen Seen "Entenpfütze" genannt).
Der Anbau hätte allerdings auch nicht auf der westlichen Seite
stehen können, denn dort existiert bereits eine Probesprunghalle
mit Schaumstoffteilen, es sei denn, man hätte sie ganz woanders
neu errichtet.
Das
Dresdner Architekturbüro Code Unique baute von 2003- 05
die Seitenfassaden und den Sanitärtrakt um. Leider konnte (oder
wollte) die Sportverwaltung die eigenwillige originäre Fassaden
der Schmalseiten nicht erhalten. Code Unique: "Die bestehende
marode Vorhangfassade aus Fertigteilen und Glasfliesen wurde durch
eine hinterlüftete Eternitfassade ersetzt. Das neue Plattenraster
ist mit einer Variation der originalen Struktur überlagert worden.
Die Struktur entstand durch eine Lochung mit Farbhinterlegung."
Schwimmhalle
Die elegant geschwungene Schwimmhalle mit dem konkav gebogenen Spannbetondach
entstand 1968-69, als auch in der DDR Architektur eine erstaunliche Experimentierfreudigkeit
zugelassen wurde. Diese Bildzeichenarchitektur als bebaute Landschaft
ordnet sich ganz in den Trend der weltweiten Nachkriegsmoderne zwischen
Brasilia und Moskau ein.
Nach Norden hin öffnet sich ebenfalls eine breite Glasfront zur
Freiberger Straße. Die Schwimmhalle war ein Prototyp und für mehrere
Bezirksstädte vorgesehen, allerdings in erster Linie für den
Leitstungssport bzw. Wettkämpfe u. stark untergeordnet für den
Breitensport.
Herausragend ist die Dachkonstruktion als Hängeschale mit Spannstählen,
die Stahlbetonfertigteilplatten tragen.
Damit die Halle nicht zusammenknickt oder auseinander fällt, leiten
schräg eingestellte Pfeiler den Druck nach unten ab, zusätzlich stabilisiert
von Zugbändern. Die Fensterfront gen Norden reicht allerdings nicht
ganz aus, um die Halle gleichmäßig auszuleuchten. Künstliches und
natürliches Licht ergeben ein Zwielicht, mit dem die Sportler zu kämpfen
haben.
Im Inneren: 50 Meter Schwimmbecken mit Zuschauertribüne (300
Sitze, 100 Stehplätze), Kinderbecken 12 Meter zum Schulschwimmen,
Sauna.
Schwimmhalle im Bau, Foto: 1968 SLUB Dresden,
45 Fotographien von Erich Höhne und Erich Pohl in dieser Serie
Dresdner Sportlerin gab den Impuls zum Bau einer Sprunghalle
Kunst am Bau: Die Bronzefigur der DDR-Sportlerin aus Dresden "Ingrid
Krämer" steht nach dem Umbau der Sprunghalle 2005 auf dem Dach. Jahrzehnte stand das Kunstwerk von Helmut Steger, geschaffen 1968,
auf der Wiese vor der Halle.
Frau Krämer wurde zweimalige Siegerin im Kunst-und
Turmspringen bei den Olympischen Spielen 1960 (Rom) und 1964 (Tokio)
und brach damit als erste Europäerin US-Vorherrschaft seit 1896. Sicher
beschleunigte ihr überraschender triumphaler Sieg, den die junge,
um Anerkennung ringende DDR frenetisch feierte, die Planungen für
eine eigene Springerhalle in Dresden.
Foto 2020 im Eingangsbereich des umgebauten Komplexes
(Gewählt neben Täve Schuhr als "Sportlerin des Jahres"
1960).
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Sprunghalle mit
dem neuen Anbau 2004
   
Dieser Zustand
(Aufnahme: 2004 von Thomas Kantschew) ist mittlerweile Geschichte. Während einer Sanierung
der Sprunghalle 2005 durch Code Unique wurde die originale Gestaltung
der Schmalseiten zugunsten einer minimalistisch grauen Flächigkeit
beseitigt. Sehr bedauerlich! -
Vergrößerung Spannender Wechsel zwischen waagerechten u.
senkrechten Elementen und dem geometrischen Spiel von Quadraten mit
schmalen Rechtecken als flächengestaltendes Relief von 1964!

Sprunghalle nach
Fertigstellung 1964
   

Ausschnitt aus
dem Stadtplan. Planungsleitbild Innenstadt, 1991. Gelb: Historischer
Zustand vor 1945 - Schwarz: Zustand 1991 - Blau: Schwimm- und Sprunghalle
     
Zwei Fotos vom unsanierten Zustand der Schwimmhalle von Februar 2004
(TK)
Vergrößerung
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Städtebau - Aufgabe des Platzcharakters
Besonders beim Bau der Sprunghalle wurde bewußt vom traditionellen europäischen Städtebau
Abstand genommen. Dagegen setzte man auf das damals utopische Moment
der offenen, freien Stadtlandschaft in der historischen Stadt. Die
klassische Blockrandbebauung mit regelmäßig bebauten Platzkanten,
die auch den langgezogenen Freiberger Platz bis 1945 gekennzeichnet
hatte, gaben die Dresdner Stadtplaner zugunsten einer Auflösung
des traditionellen Stadtplatzes auf (siehe gelbes Bild rechts). Das
geschah durch Zurücksetzung der individuellen Baufiguren von
der Straßenkante sowie breitem Abstandsgrün. Auf herkömmliche
Auffassungen von Urbanität, Dichte, Kommunikation und Begegnung
wurde verzichtet. Stattdessen gibts Wiese, Buschwerk und viel Luft.
Im 21. Jahrhundert, der Renaissance des Städtischen, sollte die
Qualität des Platzes erkannt und weiterentwickelt werden! Er
ist viel zu wichtig, um ihn lediglich als Parkplatz und Abfallcontainerstelle
zu nutzen. Trotz Rückzug in virtuelle Welten, perforierter Stadt
und bedrohlicher Schrumpfung im Stadtkern oder gerade deswegen muss
die Stadtplanung weitaus stärkere Gegenbewegungen einleiten,
um die Kernstadt zu stärken.
Nach der
Platzumgestaltung 2013 durch May Landschafts-architekten hat der
öffentliche Raum sehr gewonnen. Auch die Freiflächengestaltung mit der
schrägen Treppe zum höheren Hallen-Niveau ist nun besser gelungen und
jetzt auch für Menschen mit Handicap benutzbar.
Zum Begriff der "Stadtlandschaft", wie ihn u.a. Hans Scharoun
1946 anläßlich der Ausstellung „Berlin plant“ verwendete, siehe:
Wikipedia Infos: www.scharoun-gesellschaft.de
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Schwimmsportkomplex Freiberger Platz,
Foto: Th. Kantschew 17.Mai 2020,
Vergrößerung


Sanierte Ikone der Moderne:
Schwimmhalle an der Freiberger Straße, Foto: Th. Kantschew 15.Mai
2020,
Vergrößerung

Schwimmhalle - Treppe von 1969 und
originales Wandmosaik, Foto: Th. Kantschew 2020,
Vergrößerung
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Freiberger Platz 26.12.2006 mit Sprunghalle (links) und Schwimmhalle
(Mitte) vor der Umgestaltung des Platzes - Vergrößerung
- Foto: Thomas Kantschew
Teilbegrünung des Platzes
2013 wurde der Freiberger Platz komplett neu gestaltet.
Ein Teil der Parkplätze entfiel. Dafür ist eine Grünfläche mit kleinen Bäumen, Stauden u. Sträuchern entstanden. Die Pläne stammen von www.may-landschaftsarchitekten.de.
Bereits 2011 hatte das Dresdner Büro die ehemalige Wiese vor der Annenkirche mit Bäumen, Bänken und einer Parkfläche erneuert.
Stefan
Braunfels: Neue Plätze braucht das Land,
Die
Welt 09.10.05
Denkmalschutz
für die Schwimmhalle
2008 wurde das markante Sportgebäude vom Sächsischen Landesamt für
Denkmalpflege unter Denkmalschutz gestellt.
Die städtebauliche Einordnung der Halle am Freiberger Platz wird im Vergleich mit den anderen typengleichen Hallen als am besten gelungen eingeschätzt. Neben dem Rundkino und dem Ruderzentrum Blasewitz ist diese markante Schwimmsporthalle das innovativste Gebäude der Ostmoderne in Dresden. Nicht nur deswegen stuft die Liste der Denkmale diesen Hallenbau als architekturgeschichtlich und städtebaulich bedeutend ein. (Quelle: Müller)
Nach jahrelangen Unsicherheiten
ist 2017-20 die dringend notwendige Sanierung mit Würdigung der Bedeutung des Gebäudes
umgesetzt worden.
Im Zuge der Neuordnung des Komplexes wurde bereits das Lehrschwimmbecken abgerissen und an der Freibergerstraße neu errichtet.
Dorthin brachte man auch das bunte DDR-Mosaikwandbild Neptun mit Delphin
wieder an die Stirnwand an. Es stand als "Kunst am Bau" unter
Denkmalschutz und motiviert jetzt wieder die Kinder beim Schwimmen
lernen.
Infos
Darüber hinaus sind eine Menge originaler historischer
Details der Erbauungszeit erfreulicherweise bei der Sanierung dieser
Ikone der Ostmoderne erhalten geblieben. Dazu zählt die charismatische
Treppe im Eingangsfoyer zur Zuschauertribüne, das Wandmosaik, die
architektonischen Details des Rangs sowie die Kanzel an der Stirnwand
der Schwimmhalle. Ein beglückendes Ergebnis !
Architekturfotografie zum Umbau der Schwimmhalle und dem Neubau:
Albrecht Voss 2020
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Freiberger Platz nach der Umgestaltung, Foto: Mai 2014, Vergrößerung

Neue Gartengestaltung in Dresden durch May Landschaftsarchitekten

neue Bänke am Platz, Mai 2014, Vergrößerung
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Die Schwimmhalle geht in Serie
Vernünftige
Typen-Wiederholung oder garstiger Klon?
Nach dem Dresdner Prototyp ist in Potsdam am Brauhausberg
1969-71 eine fast identische Schwimmhalle errichtet worden (Foto 2005).
Diese Halle wurde 2018 abgerissen, nachdem der neue Sportkomplex von gmp
daneben fertig gestellt wurde. Info
Auch auf dem Gelände der DHfK Leipzig existiert eine Kopie des Dresdner
Originals (Nähe Sportforum) sowie eine im Sportzentrum Süd in
Erfurt,
erbaut 1970. Zu DDR-Zeiten fand die Bezeichnung
WV-Projekt = Wiederverwendungsprojekt Verwendung.

Literatur:
Michael Müller, "Nachkriegsmoderne der DDR in Dresden 1960-1975 - Erfassung von baulichen Zeugnissen
der jüngeren Vergangenheit" in Schriftenreihe "Denkmalpflege in Sachsen - Mitteilungen des Landesamtes
für Denkmalpflege Sachsen, Jahrbuch 2008, Sax-Verlag
Dresdens baut eine neue Schwimmhalle
2009 Wettbewerb:
http://www.competitionline.com/de/ergebnisse/17415
Die Stadt Dresden beschloss nach jahrelanger Diskussion 2009 den Neubau einer 50m-Schwimmhalle
für den Leistungssport westlich der bestehenden Halle zur Maternistraße.
Die Halle von 1969 soll nach der Sanierung für den Breitensport genutzt werden. Nach 5 Jahren begann 2014 endlich die Umsetzung des Projektes,
welches 2017 mit der offiziellen Eröffnung der neuen Halle fertig
gestellt wurde. 2018 entstand ein neues Foyer, welches sich längs der bestehenden Halle tief ins Gebäude streckt und das dann beide Hallen funktional erschließen wird. Das Lehrschwimm-
becken wurde abgerissen und ein neues an der Freiberger Straße errichtet.
Das alte
Wandmosaik, welches unter Denkmalschutz stand, ist an die Wand des
neuen Lehrbeckens umgesetzt worden. Die Putzfassaden der alten und neuen Halle
sind trotz des Ziels einer "Beruhigung des Gesamtensembles" am Ende
unterschiedlich ausgefallen. Der Neubau erhielt ein kühles Ockergrau,
der "Altbau" ein kräftiges Rotbraun.
(neuer Grundriss des ganzen Komplexes, Quelle: Code unique)

Sieger des Wettbewerbes: Bietergemeinschaft Code unique (Architekten BdA Martin
Boden, Dresden/Dähne Architekten, Dresden; GENOM, Zittau; USO, Zittau;
ELKOPLAN, Zittau; Leonhardt Andrä und Partner, Beratende Ingenieure
VBI, Dresden) ...

Weitere Informationen:
http://cms.daehne-architekten.de
Textautor: Thomas Kantschew
2004 (und fortlaufend) |
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Stilisierte Schwimmhalle, DDR-Briefmarke der Deutschen Hochschule für Körperkultur Leipzig 1976 |