Rundkino
Origineller Solitär - abgestellt in den Hinterhof

 
Architekten   Entwurf 1966:
Manfred Fasold, Winfried Sziegoleit

Ausführung: Waltraud Heischkel, Gerhard Landgraf und Kollektiv,
Innengestaltung: Theo Wagenführ
Ausstattung: Deutsche Werkstätten Hellerau
Bauzeit: 1970 - 72
Adresse:   Prager Straße 6



Webseite: www.rundkino-dresden.de

"Im Zuge der Neugestaltung der Prager Straße wurde dieser Entwurf für einen Kinoneubau ausgewählt. Gewünscht war eine geschwungene Form, als Kontrast zu der kubischen Nachbarbebauung. Die Rotunde mit einem Durchmesser von 50 m entsprach dieser Forderung am konsequentesten.
Das ursprünglich freistehende zylindrische Gebäude hat eine Höhe von 20 m und wird äußerlich in drei Ebenen gegliedert. Das Erdgeschoss umläuft eine Glasfront, die zur Prager Straße zugunsten einer Arkade zurückgesetzt wird. Die Fassade des 1. OG besitzt ein vorgehängtes Stabwerks-ornament des Dresdner Grafikers Gerhard Papstein. Das 2. OG ist mit weiß emaillierten Metallbändern verkleidet, zwischen denen der mit schieferfarbenem Granulat beschichtete Saalkörper zu sehen ist. Die so entstehenden verikalen "Zebrastreifen" verleihen optisch mehr Höhe und lockern den kompakten Baukörper auf."
(Architekturführer Dresden, Lupfer et. Al. Hg./ Berlin 1997)

Filmtheater
Saalbau 41,2 m Durchmesser in Gleitbauweise,
Dach Seilnetzhängekonstruktion von Lothar Friedrich.
Mehr Infos: Deutsche Architektur DA 3/73





Entwurf Wettbewerb 1966

Beim Ideenwettbewerb für das Filmtheater Prager Straße gewannen die jungen Architekten Manfred Fasold u. Winfried Sziegoleit den 2. Preis (ein 1. Preis wurde nicht vergeben). Sie entwarfen einen runden zylindrischen Baukörper mit vertikaler Lamellenbetonung der Fassade. Ihr Entwurf wurde dann 1970 zur Grundlage der Ausführung mit zwei umlaufenden Sockelgeschossen von Heischkel/ Landgraf. (1)


Innere Erschließung


Im Inneren des Gebäudes befanden sich bis zum Umbau der 1018 Zuschauer umfassende große Saal sowie in der Tiefebene der kleine Saal für 132 Zuschauer, welcher zu DDR-Zeiten als Filmkunstkino genutzt wurde. Der große Saal hatte die erste hängende Stahlbetondecke der DDR, ein besonderes  schwingendes Ingenieurkunstwerk.
Ein großzügiges Foyer mit Gaderoben im Erdgeschoss empfängt den Besucher. Über die breite Freitreppe gelangt man in das Obergeschoss mit dem umlaufenden Flaniergang und Imbiss-Raum.
Der große Saal wurde vor 1989 auch zu anderen Veranstaltungen genutzt, wie Jugendweihen, Versammlungen, Kongresse, Pop-und Schlagerkonzerte.

Kunst am Bau

"Bereits 1965 hatte eine Dresdner Arbeitsgruppe Empfehlungen für die Entwicklung 'auf dem Gebiet der architekturbezogenen Kunst bis 1970' in Dresden erarbeitet. (...) Der zentrale Untersuchungsgegenstand war die Prager Straße. Im Ablauf vom Bahnhof her sollten errichtet werden: (...)
6. Filmtheater mit 'rhythmisierende(r) plastische(r) Flächenstruktur in Verbindung mit einer 'allseitigen Lichtarchitektur' " (2)



Negativ: Abriegelung des Rundkinos zur Prager Straße

Für das Rundkino unvorteilhaft wirkte sich in den 1990er Jahren die Umbauung des als Solitär geplanten Lichtspieltheaters aus. Die einschnürende Bebauung von Günter und Holger Just (Wöhrl-Plaza von 1995-96) drängte den charismatischen Rundbau in den Hinterhof ab und nahm ihm dadurch die auf Weitwirkung berechnete Ausstrahlung.
(3)
Damalige städtebauliche Planungen des gleichzeitig als Stadtplanungsdirektor fungierenden Günter Just strebten eine Verengung der Prager Straße auf die ursprüngliche Breite von 19 Metern an, um mehr Dichte, Urbanität oder weniger luftige Zugigkeit zu erzeugen. Allerdings beendete die massive Intervention vorhandene Entwürfe für ein städtebauliches Umfeld des Rundkinos aus den 1980er Jahren. Bereits errichtete Fundamente neuer postmoderner Wohnbauten (ähnlich denen an der Ferdinandstraße) wurden Anfang der 1990er Jahren wieder abgerissen. Sie hätten jedoch den freien Blick auf das Rundkino von der Prager Straße aus gewährleistet. Foto dieser Situation auf fotocommunity


Planungen Prager Straße Nord und Altmarkt Süd 1987 (damaliges Stadtmodell). Gut erkennbar: freistehendes Rundkino! Quelle: Zeitschrift Architektur der DDR 1987

Planung Prager Straße Nord 1988 von Prof. Gerhard Guder
Planung "Prager Strasse Nord" - VEB Wohnungsbaukombinat Dresden / Technische Universität Dresden, Geamtleitung: Prof. Gerhard Guder
Bild: Architektur der DDR - Heft 4 / 1988. Zeichnung: Werner Bauer.
Die Planungen für dieses Gebiet begannen 1985.  Vergrößerung



Eröffnung des CINEMAGNUM 3D-Kinos im Rundkino

Die Düsseldorfer Künstlerin Andrea Knobloch hatte 2003 das Internetprojket www.rundkino-dresden.de gegründet, in dem auf die Qualitäten des inzwischen denkmalgeschützten Baus hingewiesen und in vielfältigen Aktionen nach neuen Nutzungen für das geschlossene Filmtheater gesucht wird. D
er eigenwillige Bau war nach der Flut 2002 bis auf das Puppentheater bis März 2007 geschlossen. Der damalige Betreiber UFA zog sich ganz auf den neuen Kristallpalast zurück. Frau Knoblochs Engagement und dem Wirken des Rundkinovereins ist es hauptsächlich zu verdanken, daß das Rundkino 2003 unter Denkmalschutz gestellt wurde und der Druck der Öffentlichkeit groß genug war, nach einem Investor zu suchen.

Am 29.03.2007 öffnete der große Saal runderneuert wieder als großes 3D- Kino mit nur noch 898 Plätzen. Programm und Organisation des Cinemagnum liegen in den Händen von Fantasia Film Nürnberg. Das Rundkino wurde erst kürzlich von der Tetris Grundbesitz GmbH & Co. Kg aus Reichenschwand bei Nürnberg übernommen.

Negativ auf die Architektur wirkt sich der übermäßige Einsatz von großflächigen Werbepostern aus, die die 1970er-Schmuckelemente mit Rechtecken in verschiedenen Größen komplett überdecken. Vor 1990 erstrahlten diese Stabwerkornamente als Kunst am Bau nachts durch raffinierte Beleuchtung. Leider überlagert das kommerzielle Interesse ein Verständnis der architektonischen Qualitäten dieses herausragenden Baus.



Webseite: neues Rundkino: www.rundkino.com (Programm)

Begründung Denkmalschutz Rundkino 2003:
www.rundkino-dresden.de


Anmerkungen:

1) Peter Guth: Wände der Verheißung. Zur Geschichte der architekturbezogenen Kunst in der DDR, Leipzig 1995, S. 427.)

2) Tanja Scheffler: Der Architekt des »Rundkinos« Winfried Sziegoleit wurde 80 Jahre alt, Dresdner Universitätsjournal 17/2019, 29. Oktober 2019, Link

3) Ironie der Geschichte: die Wöhrlplaza als Kaufhaus hatte nur eine Lebensdauer von 25 Jahren. 2021 wurde das Gebäude komplett abgerissen, um Platz für einen Hotelneubau zu schaffen der Premier Inn- Kette.

 

Zeitliche Parallelen


Geplantes neues Schauspielhaus am ehem. Platz der
Einheit in DD Neustadt 1969 - ebenfalls in gestaffelten
runden Formen. Nicht realisiert.  Foto: Dt. Fotothek


Monumentalpanorama in Bad Frankenhausen (Thüringen).
Die Planung des Baus begann Mitte der 70er Jahre. (Aufn. 2004)



Stadthalle Suhl 1974, nach 1990 zum Congress Centrum umgebaut.
Auch dieser Rundbaukörper wurde ganz bewußt in das neue Stadt-
zentrum hineinkomponiert.

 


Rundkino 2004

Ornament der 70er Jahre-Moderne, Foto: TK 2011, Vergrößerung

Rundkino freistehend: 1975

Heute ist kein freier Blick mehr auf das Rundkino möglich, da verstellt durch Büro-und Kaufhäuser.


Unsensibel und resepektlos schiebt sich ein Büroriegel vor das Rundkino.

Die gleiche Ansicht 1973: großartige Stadtinszenierung mit einem leuchtenden Solitär, welcher sich in einem breiten Wasserbecken spiegelte.


Originale Bildunterschrift: "Prager Staße Nord - Modell zur Umbauung des Rundkinos mit Geschäfts- und Wohngebäuden an der Prager Straße/ Ferdinandstraße, einem Entwurf für ein weiteres Kino mit Steg zum Rundkino und einem Bebauungsvorschlag entlang der St. Petersburger Straße.
Wettbewerb 1994, 1.Preis Architekturbüro Just & Partner
". Vergrößerung. Aus: Dresden - Europäische Stadt, Symposium 2000



Foyer: Freitreppe

Großer Saal: mehr als 1000 Plätze für Gemeinschaftsgefühle

Kleiner Saal

Rundkino 1980 (Foto - Ausschnitt: Inger Sørensen)