Luftkriegsschule Klotzsche
Architektur der deutschen Luftwaffe

 

Architekten: Johannes und Walter Krüger & Ernst Sagebiel Bauzeit: _.._1935
Adresse: .....Wetterwarte 10

derzeitig diverse Nutzer: so u.a. Sächsisches Landesamt für Archäologie (u.a. in der ehem. Kommandantenvilla) und Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (ehem. Kommandantur), Gymnasium Klotzsche (ehem. Lazarett), Schulungsräume unterschiedlicher Lehreinrichtungen, ab 2006 Altenpflegeheim - umgebaut von a3-architeken.

Weitläufige Schulungsanlage im Norden der Stadt, die sinnfällig in der Nähe des zur gleichen Zeit gebauten Flughafens angesiedelt wurde. Die symmetrisch angelegte Stadt in der Stadt mit zentralem Appell- und Exerzierplatz, kombinierter Turn- und Schwimmhalle (immer noch in Betrieb), Krankenhaus, Offiziersmesse, Kommandantenvilla etc. betont eine rechtwinklige, kantige Ordnung und einen klaren Grundriss. Alle Lehrgangsgebäude gruppieren sich, der Idee der "Volksgemeinschaft" gehorchend, als "Gemeinschaftsbauten" um einen zentralen Aufmarschplatz. Zur Anlage gehörten im Umfeld Unterkünfte für die Betriebs-kompanie von Schule und Fliegerhorst, Flugzeughallen und Werftanlagen.

Das architektonische Relikt aus der Geschichte Dresdens der NS-Zeit ist auf Grund jahrelanger Nutzung der Anlage durch die NVA ("Nationale Volksarmee") in einem relativ gut erhaltenen Zustand. Aus dem gleichen Grund war sie jedoch über 40 Jahre der Öffentlichkeit verborgen.
Die Luftkriegsschule, ebenso wie die weitläufigen Anlagen des alten Militärgeländes der Albertstadt und der nach 1939 für Wehrzwecke genutzte Dresdner Flughafen erhielten am 13./14.Februar 1945 wenig bis gar keine Treffer von der RAF (auch nicht die militärstrategische Eisenbahnbrücke über die Elbe).


Deutscher "Blitzkrieg"

Die Dresdner Luftkriegsschule war eine der vier großen Luftkriegsschulen der Luftwaffe des "Dritten Reiches", welche bald nach völkerrechtswidriger Wiederbewaffnung Deutschlands errichtet wurden. Der Bau erfolgte ab Mai 1935, nur zwei Monate, nachdem am 1. März 1935 die Luftwaffe offiziell gegründet worden war. Besonders dann die Erfolge im "Blitzkrieg" nach dem Überfall auf Polen nach dem 01. September 1939 verstärkten die Bemühungen zur Ausbildung geeigneter Flugoffiziere und die Organisation der Infrastruktur für den "perfekten" Luftkrieg.
Hermann Göring als der nomineller Schöpfer und Oberbefehlshaber der Luftwaffe hegte bekanntermaßen große Ambitionen zur besonderen Betonung der Luftstreitkräfte. Diese führten zu üppig-repräsentativer Ausstattung seiner Luftkriegsbauten, wie z.B. das erhaltene Berliner Reichsluftfahrtministerium, ebenfalls von Ernst Sagebiel (heute Bundesfinanzministerium).


"Bauwirtschaftliche Sorgen der Nation" zwangen zur Einfachheit.

In der Kasernen- und Schulungsarchitektur überwog dagegen, besonders bei verantwortlich ausführenden Architekten, funktionalere Gesichtspunkte. Wert wurde auf funktions-gerechte Einfachheit des militärischen Bauens, auf Schlichtheit und Sparsamkeit gelegt, auf
"kristallene Klarheit des Aufbaus, der Grundrisse und der Fassaden. Wir erwarten schließlich an den Häusern der Soldaten vorbildliches handwerkliches Können, solide Baustoffe und eine anständige Baugesinnung, die auch die bauwirtschaftliche Sorgen der Nation mit Sorge tragen" -
so hieß es im April 1939 in "Deutscher Baumeister". Weiter mahnte man "Anwendung heimischer Bauweisen und Verwendung ortsgebundener und ortsüblicher Baustoffe" an.

Die Architekten der Dresdner Luftkriegsschule
Johannes und Walter Krüger hatten gemeinsam mit Ernst Sagebiel (u.a. auch Flughafen Berlin Tempelhof) diese Maßgaben berücksichtigt. Den Zeitgeist gehorchend verwendeten sie für die Kasernenbauten kein Flachdach, sondern ein steiles, "deutsches" ziegelrotes Walmdach. Sämtliche Gebäude besitzen einfache Putzfassaden mit sparsamer Verwendung von Werkstein aus sächsischen Granit. Die Gebäude- eingänge haben durchweg Sandsteineinfassung. Starke Parallelen gibt es zur 1934/35 errichteten Gatower Luftkriegsschule nähe Berlin-Spandau (ebenfalls von Sagebiel), einer weiteren der vier Kaderschmieden für Offiziere, Generalstabsoffiziere und Technische Offiziere der Luftwaffe Hitler-Deutschlands. (Die anderen befanden sich in Wildpark-Werder bei Berlin und Fürstenfeldbrück in Bayern)

Hauptgebäude ist das zentrale gutshausartige Hörsaal-gebäude mit einer Plastik von Arno Breker "Der Flieger" im Giebel (nicht mehr vorhanden), flankiert von den beiden Fähnrichflügeln, so daß ein eindrucksvoll u-förmiges, zweistöckiges Schulungsgebäude entsteht. An den Außenseiten der Fähnrichflügel fällt die Betonung der Eingangszone durch hohe, mit braunen Keramikfließen ummantelte Pfeiler auf, die den antik-idealisierenden Zug der NS-Architektur mit damals modernen Gestaltungsmitteln unterstützen. Ausgestellter Neoklassizismus!

Gegenüber vom Hauptgebäude befand sich das ehemalige, jetzt als Seniorenheim genutzte Mannschaftskasino.


Bunker und Tarnung

Die ganze Anlage wurde bewußt, aus taktischen Gründung der Tarnung, in einem Waldgelände angesiedelt. Zudem sind etliche Gebäude mit bombensicheren betonierten Luftschutzbunkern ausgestattet worden (Foto), eine Sicherungsmaßnahme, die der Dresdner Bevölkerung nur in Ausahmefällen zugestanden wurde.


Zu dem Militärgelände führt von der Königsbrücker Landstraße eine Straße durch ein doppelbögiges Eingangstor. Am Ende dieser Straße zum Flughafengelände ("Zur Wetterwarte") steht der Turm der Befehlsstelle - allerdings in Formen der klassischen Bauhausmoderne von 1934. Er gehörte allerdings nicht direkt zur Luftkriegsschule, sondern zum Fliegerhorst 38/ III Dresden-Klotzsche.
An die Klarheit und Lichtdurchflutetheit der 20er Jahre-Moderne knüpfte ebenfalls die Schwimmhalle auf der Straße "Am Windkanal" an (siehe Bild unten).


Pilotenausbildung

Die reguläre Qualifizierung zum Flugzeugführer dauerte 2 Jahre. In der zweiten Hälfte der Lehrgangszeit entschied sich, ob der Absolvent zum Jagd- oder Bomberflieger, Bordschütz-en oder Funker ausgebildet wurde. Ein typisches Lehrflugzeug in Dresden war z.B. die Focke-Wulf FW 58, Weihe, die mit 4 Mann Besatzung für die MG und Bombenabwurfs-ausbildung verwendet wurde.


Geschichtliche Aufarbeitung?

Lediglich das Sächsische Landesamt für Archäologie erinnert mit einigen (schwach erkennbaren) Fotos an den Glaswänden an die für Dresden besondere Brisanz des historischen Ortes, an dem Hunderte Piloten für einen offensiven Angriffskrieg ausgebildet worden waren und die nach 1939 in Rotterdam, Warschau, London, Manchester, Belgrad, Kiew und vielen anderen Städten Europas für deutsche Eroberungsgelüste zum Einsatz kamen. Eine aufklärende Ausstellung wäre dringend anzuraten, besonders im Hinblick auf das jährliche Gedenkritual am 13. Februar, welches Dresden als Opferstadt in den Mittelpunkt rückt, ohne die Täterschaft, die auch von Dresden ausging zu thematisieren. Vielleicht nimmt sich dieser Aufgabe das Militärhistorische Museum an!
Von besonderem Interesse wären konkrete Biographien von Fliegeroffizieren, nicht zuletzt von denen aus Dresden. Reichlich Stoff für eine "Geschichte von unten".

Kommandeure der LKS 1 Dresden:

GenMaj

Oskar Kriegbaum

01.04.36 - 06.40

Oberst

Nikolaus Graf von Luckner

15.06.40 - 1940

GenMaj

Oskar Kriegbaum

1940 - 24.04.42

GenMaj

Josef Brunner

24.04.42 - 08.44

Oberst

Erich Kaufmann

09.08.44 - 05.03.45

 


Manschaftskasino - jetzt als Seniorenheim genutzt. Foto: 1938


Die Architekten

Prof. Johannes Krüger (1890 - 1975) und
Prof. Walter Krüger (1888 - 1971)

Die Architektenbrüder Krüger, geboren in Berlin-Charlottenburg, waren im Deutschland der Weimarer Republik durch das ab 1927 gebaute Krieger-Nationaldenkmal im ostpreußischen Tannenberg außerordentlich berühmt geworden. Diese mythische Anlage in modernen Formen erinnerte an den megalithischen Bau von Stonehege. Sie wurde 1945 von der abziehenden Deutschen Wehrmacht zerstört. Es war das bei weitem größte und bedeutendste Denkmal mit nationalem Anspruch, das in Deutschland im 20. Jahrhundert errichtet wurde. Erinnern sollte das Denkmal an zwei Schlachten: eine durch den ostpreußischen Orden gegen die Littauer verlorene und eine durch die deutsche Armee im I. Weltkrieg gegen Rußland 1914 siegreiche Schlacht. Deutschland in der Weimarer Zeit, gleichwohl den "Großen Krieg" verloren, versuchte anhand von solchen Denkmälern die Niederlage zu kompensieren.



Tannenberg-Nationaldenkmal bei Hohenstein in Ostpreußen
vor dem Umbau zur Hindenburggruft. Luftaufnahme um 1934


Während der NS-Zeit bauten die Brüder Krüger u.a. auch 1937/38 den Braunschweiger Dom zum "national-
sozialistischen Staatsdom" um - siehe auch: www.vernetztes-gedaechtnis.de - [Orte, Dom]

Ebenfalls errichteten sie 1938- 43 die spanische Botschaft im Berliner Tiergarten, die 2002 wieder saniert wurde. Beide waren bis in die späten 60er Jahre u.a. in Berlin-West tätig.

Die konservative Reform. Krüger-Architektur in der Berliner Kunstbibliothek (Ausstellung des Gesamtwerkes - 2004)


Prof. Ernst Sagebiel

Vor 1933 Büroleiter des nach Palästina emigrierten Erich Mendelsohn, nach der Machtübernahme der NSDAP
Leiter der Architekturabteilung des Reichsluftfahrt-ministeriums. Er baute u.a. die Flughäfen für Berlin, Stuttgart, München und Wien, ebenso die Luftkreiskommandos in Kiel, Münster, Königsberg.

____________________________________________

Lageplan: Luftkriegsschule 1 Dresden 1944



(Quelle: Flughafen Dresden. Geschichte und Gegenwart der Dresdner Luftfahrt)

7 Hauptwache
8 Hörsaalgebäude
9 Bombenabwurf-Bildstelle
10 Unterkunfts-, Stabs- und Wirtschaftsgebäude
11 Krankenrevier
12 Hauptverteilung
13 Offiziersmesse
14 Unterkunft der 2. Flugbetriebs-Kompanie
15 Sporthalle/ Schwimmbad
16 Kraftfahrzeughallen
17 Unterkunft der 1. Flugbetriebs-Kompanie
18 Unterkunft der Wehrkompanie
19 Bauleitung

Gebäude des Fliegerhorst 38/ III Dresden-Klotzsche (Ausschnitt, nicht mehr im Bild: Hansahaus)

20 Feuerwache
21 Befehlsstelle
22 Werfthalle
23 Flugzeughalle 1
24 Flugzeughalle 2



Literatur:

Walter und Johannes Krüger:
"Die Luftkriegsschule Dresden", in: Die Baugilde 21, S. 697-716

Manfred Zeidler: Ehemalige Luftkriegsschule in Klotzsche als historischer Ort und architektonisches Relikt der Geschichte Dresdens in der NS-Zeit. In: archäologie aktuell 5 - im Freistaat Sachsen, 1997.

Franz Spur, Militärische Nutzung. in: Flughafen Dresden. Geschichte und Gegenwart der Dresdner Luftfahrt, Hrsg. v. der Flughafen Dresden GmbH, Dresden 2000

Web

22 Fotos:
www.sachsenschiene.net/bunker/tup/tup_09.htm

http://de.wikipedia.org/wiki/Luftwaffe_(Wehrmacht)


www.mahndepots.de


Ehemalige Luftkriegsschule in Dresden Klotzsche von Johannes und Walter Krüger & Ernst Sagebiel - 1935
Hauptgebäude, Foto: März 04 von TK
Hauptschulungsgebäude, Foto: März 04 Hauptgebäude der Anlage vor dem großen Appellplatz
Hauptgebäude vorn, Foto: März 04 Der Mittelbau des Hörsaalgebäudes mit dem Ikarus ("Der Flieger" von Arno Breker. Aufnahme vor 1945
Der Mittelbau des Hörsaalgebäudes mit dem Ikarus "Der Flieger" von Arno Breker. Foto vor 1945Eingang von der Königsbrücker Landstraße in die Stadt in der Stadt
Eingang von der Königsbrücker Landstraße in die Stadt, März 04 Sächsisches Landesamt für Archäologie
heute: Sächsisches Landesamt für Archäologie, März 04Eingangstor - Rückseite - Mai 2004
Eingangstor - Rückseite - Mai 2004
Ehemalige Kommandantur - jetzt Sächsisches Landesamt für Umwelt und GeologieLeerstehende Schulungsräume am AppellplatzLeerstehendes Schulungsgebäude an der Straße "Zur Wettewarte" - Mai 2004
Ehemalige Offiziersmesse Mai 2004

Seiteneingang Hauptgebäude
Nordwestlicher Seiteneingang zum Hörsaalgebäude

Leerstehendes Gebäude an der Kreuzung "Zur Wetterwarte" und "Zum Kraftwerk" - Mai 2004
Leerstehendes Gebäude an der Kreuzung "Zur Wetterwarte" und "Zum Kraftwerk" - Mai 2004 Leerstehendes Gebäude an der Kreuzung "Zur Wetterwarte" und "Zum Kraftwerk" (Ausschnitt) - Mai 2004Schwimmhalle der ehemaligen Luftkriegschule - originale erhalten und in Betrieb. Außen gibt es noch orignialen Fresken von nackten olympischen Sportlern in Sgraffitto-Technik.
Schwimmhalle der ehemaligen Luftkriegschule - original erhalten und in Betrieb. Außen gibt es noch orignialen Fresken von Sportlern in Sgraffitto-Technik.


Ehemalige Kommandantenvilla, jetzt Sächs. Landesamt für Umwelt u. Landwirtschaft