Jugenderholungsheim "Endlerkuppe" in Ottendorf
Modernes Erholungsheim mit Aussichtsturm

 

Architekt: Kurt Bärbig
Bauzeit: _1928-29
Adresse:
. Endlerkuppe in Ottendorf / Sebnitz
Eigentümer:  The Forest Dream Hotels GmbH & Co.KG


Dieses Gebäude befindet sich in der weiteren Umgebung von Dresden in der Sächsischen Schweiz. Südlich von Sebnitz und nördlich des Kirnitzschtales erhebt sich die Endlerkuppe, auf dem ein bemerkenswertes Gebäude zwischen Tradition und Moderne errichtet wurde.
Das Erholungsheim für die Arbeiterjugend bot jeweils 80 Jungen und Mädchen Platz. Die u-förmige Anlage ist nach Süden geöffnet und erinnert an Tessenows Festspielhaus in Dresden-Hellerau mit einem stark vereinfachten, tempelartigen vorgezogenen Haupthaus, in dem der Fest- und Speisesaal untergebracht war. Die getrennten Schlafräume sind funktional jeweils im rechten bzw. linken Seitenflügel angeordnet und zum offenen Hof mit arkadenartigen Laubengängen versehen. Die Seitenflügel mit Putzfassade und Mansarddach erinneren an Erlweins ortsbezogene Bauten, wie sie die Reformarchitektur im Heimatschutzstil in Dresden bereits um 1905 hervorgebracht hatte.
Aber auch eine Menge moderner Elemente beinhaltet die konzentrierte und funktional gegliederte Anlage, wie z.B. der schlanke Wasserturm, der zugleich als Aussichtsturm genutzt wurde mit verglastem Windfang und Aussichtsterasse.

Kurt Bärbig wird von der TU Dresden auch als ein Architekt der "Neuen Tradition" eingeordnet, obwohl er mit dem Werksgebäude des Konsum in Dresden ein dezidiertes Werk der klassischen Moderne geschaffen hat.


Das Gebäude
war nach 1933 BDM - Lager. Zu DDR-Zeiten wurden es nach 1946 als SED-Parteischule genutzt. Nach 1989 stand es in Treuhandeigentum, seit 1990 steht es leer und verfällt dramatisch. Vor 2009 Eigentum der Wohnungswerk Sachsen AG. 2009 hatte es einen Käufer gefunden, der in die bereits sehr ruinöse Baumasse (+ insgesamt 12 Hektar Gelände) ein Hotel einbauten wollte.

The Forest Dream Hotels GmbH & Co.KG
Kelheimerstrasse 1
10777 Berlin

Leider hatten die Aktivitäten des Eigentümers, ein  tragsfähiges und bezahlbares Nutzungskonzept zu finden, bisher keinen Erfolg (Stand: 2022)
Eine aufwändige Webseite informiert sehr komplex über die Besonderheiten und Geschichte der Anlage:
https://ottendorf.space/architekt


Baudenkmal

2017 wurde dem Jugenderholungsheim in Ottendorf eine „besondere baugeschichtliche, regionalgeschichtliche und sozialgeschichtliche Bedeutung" im Freistaat Sachsen attestiert:

"Das Jugenderholungsheim ist in seiner landschaftsprägenden Gestaltung ein wichtiger Vertreter der klassischen Moderne in Sachsen und zugleich ein Hauptwerk des Architekten Kurt Bärbig. Es ist daher von besonderer bau- und regionalgeschichtlicher Bedeutung. Seine Funktion als erstes sächsisches Jugenderholungsheim verleiht ihm zudem eine sozialgeschichtliche Bedeutung."

Weiter heißt es:

"Modernen Hygienestandards Rechnung tragend spielte die zentrale Wasserversorgung des Gebäudekomplexes eine große Rolle, für die der schlanke, hoch aufragende Wasserturm mit flachem Stahlwasserbehälter sorgte, der aus dem Tal mit Trinkwasser gespeist wurde. Er beherbergte zudem ein Fotolabor ..."


Kurt Bärbig: Jugenderholungsheim Ottendorf, Foto: 1932


Entwurfszeichnung von Kurt Bärbig 1926 mit freiem Vorplatz

Jugenderholungsheim Ottendorf bei Sebnitz 1927
Ein Originaldokument aus Arbeiterwohlfahrt. 4(1929) über diesen Bau auf: http://library.fes.de (Friedrich-Ebert-Stiftung) Darinnen heißt es u.a.:

Das so geschaffene Jugenderholungsheim Ottendorf ist eine Einrichtung, die wohl in jeder Hinsicht als mustergültig bezeichnet werden kann. Der Dresdner Architekt Kurt Bärbig, ein Parteigenosse, hat einen Bau geschaffen, der in der Architektur wie in der Inneneinrichtung die Ideale der Schönheit und Zweckmäßigkeit in vollkommener Weise vereinigt. Die Schönheit aller Formen und Farben vom Türgriff bis zum Beleuchtungskörper soll erzieherisch und geschmacksbildend auf die junge Generation wirken.
160 Jugendliche können hier gleichzeitig Erholung finden; (...) Um trotz dieser großen Zahl ein wirkliches Gemeinschaftsleben zu ermöglichen, ist das Heim nach Bau und Raumeinteilung in acht Gruppen von je 20 jungen Menschen aufgelöst, die zusammen mit einem Jugendleiter oder einer Jugendleiterin eine sogenannte Familie bilden. Jede Familie hat ihren eigenen Tagesraum, ihren eigenen Waschraum, ihren eigenen Schlafsaal, der jeweils durch geschickte Aufstellung der Betten in kleine zimmerartige Kojen mit je zwei Betten verwandelt worden ist. Dadurch und durch die frischen, leuchtenden Farben ist der übliche schlaf-saalmäßige Charakter vollkommen vermieden worden, so daß sich hier jeder für eine Reihe von Wochen wohlfühlen kann.



Die U-förmige Anlage erinnert an Tessenow's Festspielhaus in Hellerau.

Wasserturm mit kleiner Aussichtsterrasse und glasverkleidetem Windfang. Fotos: T.Kantschew 2009


Das Jugenderholungsheim liegt auf der Anhöhe "Endlerkuppe" nördlich vom Kirnitzschtal. Fotos: TK Nov. 2009


Große Panoramafenster und andere Elemente haben einen starken landschaftlichen Bezug.


Klares Vorbild: Tessenow's Festspielhaus in Hellerau


Hoher, eindrucksvoller Festraum mit Bühne


Bühne mit Holzstufen


Vertikaler Gliederung des Festsaales


Originale Wandfliesen von 1929 in der Küche


Originales Milchglas auf dem Aussichtsturm mit orthogonalem Raster


Dreiflügelanlage, Blick vom Aussichtsturm nach Böhmen


Moderne Wendeltreppe


Der Wasserturm mit Aussichtsplattform und Glasaufbau
assoziiert die Hochhausdebatte um 1927 in Dresden.


Überwucherter Hof, hier wurde Morgengymnastik getrieben. Nach 1933 fanden Fahnenappelle von BDM-Mädels statt.


Blick in einen ehemaligen Schlafraum im 1. OG


Literatur:
Jugenderholungsheim Ottendor (Sächs. Schweiz)
Zur Weihe des Heimes,
Hrsg. von der Gesellschaft Sächs. Jugenderholungsheime M.B.H./ Sitz Dresden 1929