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Architekt: |
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Storch,
Ehlers und Partner, mit Speckmann
(Hinrich Storch, Walter Ehlers, Martin Bockelmann, Reinhard W.
Klaus) |
Bauzeit: |
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2001-
04 |
Adresse: |
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Devrientstraße
/ Ostraufer |

Offizielle Webseite: www.dresden-congresscenter.de
In Fortführung
der Achitektursprache vom Neuen Landtag flußabwärts erhebt
sich auf dem Gelände ehemaliger Lagerhallen und Speicher das
neue Internationale Congress Center Dresden, kurz ICCD. Auch an diesem
Bau dominieren wieder die Materialen Stahl, Glas und Beton, aber sie
wurden ganz anders eingesetzt als beim Plenargebäude von Peter
Kulka, welches eher die klassische Moderne zum Vorbild hat (konkret:
die Neue Nationalgalerie von Mies van der Rohe 1965-68 in Berlin).
Spektakuläre
Raumschöpfungen - alles fließt
Der Aufbau:
Eine relativ große, langgestreckte Gebäudemasse ist parallel
zur langsam dahinfließenden Elbe angeordnet. Genau jene träge
fließende Bewegung des Stromes wird vom Hannoveraner Büro
"Storch, Ehlers und Partner" als eines der Hauptmotive in
Architektur mit konkreten lokalen Bezug umgesetzt. Das junge Architektenteam
übertrug in einer hinreißenden eleganten Welle diese besondere
Schwingung des Flusses zwischen Johannstadt und Ostra, von denen sich
jahrhundertelang Architekten und Künstler inspirieren ließen.
Der wunderbar schlenkende Schnörkel, den die Elbe hier macht,
wurde zur künstlerischen Inspiration.
Neue Terrasse
Gleichsam
führt das neue ICCD den barocken Gedanken einer Aneinanderreihung
von repräsentativen Prachtgebäuden entlang des Stromes,
in Anlehnung an das Vorbild Venedig, auf moderne Weise fort, wobei
wieder auf eine Betonung der Vertikale zugunsten Horizontale verzichtet wurde.
Um dieses stärkste städtebauliche Potential Dresdens, die
Stadt zum Fluß hin weiter zu öffnen, optimal auszuschöpfen,
führt die Verlängerung des Spazierweges der "Neuen
Terrasse" nun bis zum ICCD und darüber hinaus bis zu den
grünen Auen des Ostrageheges.
Schon von weitem fällt das rasant weit auskragende Vordach auf,
das von mehreren schlanken, schräggestellten Stahl-säulen
getragen wird, wobei es eher dynamisch wirkende Stützen sind.
Nähert man sich weiter von der Altstadt breitet sich nun quer
zum Congress Center eine weite großzügige Freitreppe aus,
die, wenn man sie langsam emporschreitet, den umgebenden Freiraum
auf dramatische Weise zum Klingen bringt. Eine
großartige Kulisse, ideal für Freilufttheateraufführungen.
Jener besonders von den Romantikern entdeckte Blick in den Liebreiz
dieser unverwechselbaren Landschaft ist es denn auch, der den Betrachter
von der darüber sanft ansteigenden Schräge aus so völlig
in seinen Bann zieht - wahrlich eine atemberaubende Inszenierung der
symbiotischen Wechselbeziehung von Architektur und Landschaftsraum
in der Elbemetropole. Heute spricht man von "dialogischer Architektur".
Ganz groß in Mode: herausragende Glaskuben
Auf der Schräge ragen unterschiedlich hohe, gläserne Kuben
aus der weiten Fläche, die diese gliedern und ihr einen Halt
geben. Nachts leuchten sie von innen und knüpfen auf die typische
Lichtarchitektur der 20er an. Asymmetrie und Unregelmäßigkeit
lockern die gewaltige Baumasse dadurch auf. Auch die in unregeläßigen Abständen angeordneten hohen Stahlsäulen
am westlichen Ende des ICCD, diesmal gerade stehend, sind betont asymmetrisch.
Sie künden vom neuen Selbstbewußtsein
Deutschlands, ohne unangenehm tönernd zu werden, wie ebenso von Lockerheit und dynamischer Bewegung im
Lande.
Zur Devrientstraße gliedert sich das Gebäude ebenfalls
horizontal in mehrere unterschiedlich hohe Säle und Tagungsräume.
Das oberste Geschoß ragt um mehrere Meter vom Hauptbau heraus.
Funktional und ein markanter optischer Blickfang zugleich sind die
drei von diesem Obergeschoß bis zur Straßenebene herabführenden
Fluchttreppen in mattiertem silbrigen Edelstahl, welche ein gelungen
Kontrast zum sonstigen kühlen Erscheinungsbild bieten. Diese
nach außen verlegten Treppen findet man u.a. bereits bei Egon
Eiermanns Neckermann-Versandhaus von 1958-61 in Frankfurt/Main.
Sämtliche Geschoss- bzw. Dachplatten sowie die Terrasse sollen schwebend
und leicht erscheinen, wie es im Werbetext heißt. Deswegen wurden
alle Fassaden durchsichtig, gläsern ausgebildet, natürlich auch,
nicht nur weil das inzwischen überstrapazierte Material Glas
nach wie vor eine unwiderstehliche Faszination auf Architekten ausübt,
sondern vor allem um von jedem Standort einen optimalen Blick in den
Dresdner Talkessel werfen zu können.
Die Farbe Grau
Das neue Dresdner Kongreßzentrum erliegt in mehreren Partien
des Hauses, wie viele zeitgenössische Gebäude um 2000 in
Deutschland, der Faszination für die "Farbe" Grau.
Hing die klassiche Moderne des "Neuen Bauens" um 1930 dem
strahlenden (und zugleich abgründigen) Sauberton Persilweiß
an, huldigt die mehrfach gewendete Moderne um die Jahrtausendwende
der scheinbar unwiderstehlichen Suggestivkraft von Grau.
Grau wird (in Deutschland) zum Mythos. Vornehme Zurückhaltung,
Kühle, emotionale und politische Indifferenz spiegelt sich darin,
auch Sachlichkeit und Neutralität.
Aber Grau ist noch mehr: Grau ist auch Geheimnis, Transzendenz, sogar
ein Stück Romantik. Spätestens seit Gerhard Richters "Acht
Grau" 2002 im Guggenheim Berlin gibt es in der deutschen
Gegenwartskunst geradezu eine Obsession für monochromes Mittelgrau,
welches je nach Lichteinfall auch Weichheit und ruhige Unaufgeregtheit
widerspiegeln kann.
Passt Grau nach Dresden? Wird Grau und das Honiggelb des Sandsteins
geschickt kombiniert, wie hier z.B. am ICCD, ergeben sich durchaus
reizvolle Spannungen. Eine inflationäre Verwendung der Nichtfarbe
Grau allerdings bekommt weder Dresden, noch sonst einer Stadt.
Sonstige kleine Kritikpunkte: Die Neigung moderner Architektur zu
immer mehr Detailverzicht und immer glatteren Fassaden ohne jede Profil-
und Reliefgestaltung setzt sich um ein weiteres Mal beim Dresdner
ICC fort. Unterbrechungen des Glasmaterials hätte gut getan.
Die steile Freitreppe hat viel zu schmale Stufen. Ein optimales, genußvolles
Emporschreiten wird zudem durch fehlende Haltegeländer (für
älterer Bürger) erschwert.
Zudem nimmt die Wegebeziehung leider den fließenden Charakter
der geschwungen Linien vom ICCD nicht auf, sondern reagiert hart und
streng geometrisch. Landschafts-gestaltung und Architektur hätten
hier besser korrespondieren können. Nichts "Dekoratives"
wie so altmodisch lebendige Dinge wie Blumen, Sträucher oder
Stauden lenken vom ästhetischen Minimalismus ab. Wenig Einladendes
zum Lustwandeln oder wie man neudeutsch sagt: nicht besonders sexy!
Wahrzeichen für das Neue Dresden
Sieht man von der maximal reduzierten Gartengestaltung ab, alles in
allem scheint dieses moderne Kongreßzentrum für Dresden
ein außerordentlicher architektonischer Gewinn zu werden und
bereits jetzt zeichnen sich beste Chancen ab, daß es zu einem
Wahrzeichen für das Neue Dresden des 21. Jahrhunderts wird.
Detaillierte Beschreibung des Projektes mit Fotos, Skizzen und Plänen
auf der Webseite der Architekten:
www.storch-ehlers-partner.de
Aufsteigen auf Überblicks-Niveau
Das neue Kongresszentrum am Dresdner Elbufer ist ein überzeugendes
Argument für zeitgenössisches Bauen.
SZ
vom 28.05.04 - Bilder
Das Büro beteiligte sich auch am Wettbewerb für den Altmarkt
mit einem sehr eigenwilligen Entwurf.
Zur Zeit planen die Architekten im Moment gerade die Erweiterung für
die Palucca-Schule.
360°-Panorama auf
www.arstempano.de
Klangvolle Farben im Inneren
Das
Congresscenter offenbart im Inneren ganz erstaunlich differenzierte
Raumeindrücke, die in keinem Fall stereotype Langweile aufkommen
lassen. Es werden eine Vielzahl ganz unterschiedlich großer
Tagungs- und Kongressräume angeboten, die entweder direkt oder
von einem balkonartigen Gang den Blick auf das Elbpanorama öffnen.
Die von außen bereits einsehbare leicht ansteigende Schräge
ist auch im Inneren ein bestimmendes gestalterisches Element.
Mehrere im meergrünem Mattglas schimmernde Freitreppen verbinden
die einzelnen Etagen, wobei dieses Material eine wohltuende ruhige
Kühle ausstrahlt.
Die Raumdecke aus dunklem blauschwarzen Blendraster, welche alle Leitungen
und Rohre diskret verdeckt, ohne sie völlig zu kaschieren, wirkt
in diesem seltenen Farbton belebend und hat dennoch ein wunderbar
modernes Understatement. In einem sehr stimmigen Rot setzt sich die
Teppichfarbe ab. Hellbräunlicher Natursteinfussboden, dunkelbraune
Parkettstreifen im Erdgeschoss und die anthrazitfarbenen Säulen
machen den Farbenklang im Dresdner ICC zu einem wirklichen ästhetischen
Genuß.
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Planungen 1969 für dieses Areal in Dresden

Wohnhochhausgruppe
an der Marienbrücke (ca. 100 m hoch) und neu konzipierter Straßenzug
vom Postplatz zum Bahnhof Mitte (im Hintergrund) - Vergrößerung
- Diese Planungen sind nie verwirklicht worden.
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ICCD - Foto: 2006 TK
ICCD an der Devrientstr. - Foto: 2004 TK 
Skulpturale Fluchttreppen - Foto: 2004 TK 
Fluchttreppen - Foto: 2005 TK 
Gartenanlage "Neue Terrasse" - Foto: 2004 TK 
Säulen - Foto: 2004 TK 
Glaskuben als natürliches Tageslicht in den Sälen - Foto: 2004 TK

Die Farbe Grau: Detail einer der Fluchttreppen - Foto: 2005 TK 
Schräge Fluchttreppe
Ohne Sandsteinmauer scheint es in Dresden nicht zu gehen ... 
Vordach ICCD
Rasante Form: Vordach 2004 
Freitreppe und Dach
Tür Anlieferung Westseite 
Treppe himmelwärts (im Inneren) 
Treppen, Wandelgänge: großartige Inszenierung des Elbraumes
Vergrößerung

Foyer ICCD
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