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Architekten: |
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Ferenc
Simon, Ivan Fokvari (Ungarrn)
(Projektierungsbetrieb AETV Budapest)
Bauleitung vor Ort: Werner Wunderwald,
G. Trepte
Innengestaltung: Heinz Zimmermann,
Harry Hirschfeld, Heinz Drache
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Bauzeit: |
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1973-
78 - Abriss: Anfang 2007 |
Adresse:
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Prager
Straße |
Was
war das Besondere an diesem DDR- Warenhaus?
"Im Rahmen des Generalbebauungsplanes für das Stadtzentrum
wurde als Nordwestabschluss der Neubebauung der Prager Straße
dieser kompakte Warenhausbau errichtet. Projektierung und Realisierung
wurde in deutsch-ungarischer Kooperation verwirklicht. Der Architekt
Werner Wunderwald vom VEB Gesellschaftsbau setzte die ungarischen
Pläne in Dresden um.
Signifikantes Merkmal ist die plastische Gestaltung der Fassaden dieses
allansichtigen Gebäudes: die drei Obergeschosse wurden mit einer
aus eloxierten Aluminiumelementen montierten Fassade behangen; eine
Stahlfachwerk-Konstruktion dient als Träger. Die Gitterstruktur
dieser rhomboiden Leichtbauelemente gibt dem Kubus sein markant-kristallines
Gepräge. Das Erdgeschoß ist allseitig 3 Meter zurückgesetzt
und bringt als Schaufensterzone etwas Transparenz in das ansonsten
fensterlose Gebäude. Zum Zeitpunkt seiner Eröffnung galt
dieses Warenhaus aufgrund seiner Ausstattung (Rolltreppen, Klimaanlagen),
aber auch seiner Arbeitsbedingungen als das attraktivste auf dem Gebiet
der DDR."
(Architekturführer Dresden 1997)
www.centrum-warenhaus-dresden.de
Eine Arbeitsgemeinschaft Centrum Warenhaus setzte sich für den
Erhalt des Gebäudes ein.
Expressiv kristalline Aluminium-Fassade
Was ins Auge stach, was 30 Jahre später ungewohnt und pittoresk
erscheint, sind die silbrigen Waben, die zu einer ornamentalen Textur
angeordnet den Kubus umkleideten.
Zur Entstehungszeit war diese Silbermode
in Ost- wie Westdeutschland populär (u.a. Kaufhäuser in
Leipzig, Magdeburg, Hoyerswerda, Suhl, Frankfurt Main). So sollte
in der metallen schimmernden Materialität eine bestimmte Vorstellung
von Zukunft ausgedrückt werden. Darüber hinaus war die Leichtmetallfassade
preisgünstiger herzustellen, als aufwändige teure Natursteinprofile.
Produziert wurden die Dresdner Metall-Rhomben in der damaligen Sowjetunion.
Die komplett geschlossene kristalline Oberfläche des modernen
Dresdner Warenhauses schien wie aus diamantförmigen Steinen
zusammengefügt. Da es seitens der Feuerwehr allerdings Bedenken
gab, die einzelnen Etagen nicht mehr erreichen zu können, wurden
Fenster eingefügt, die im Brandfall eingeschlagen werden konnten.
Die Fenster schmälerten jedoch den geschlossenen Ausdruck der Fassade.
Das Centrum Warenhaus wurde 2007 abgerissen.
Das Centrum ist u.a. wegen rückläufiger Käuferzahlen
(u.a. in die Altmarkt-Galerie abgewanderte Konsumenten) im Sommer
2007 abgerissen worden. Es stand nicht in der historischen Straßenbreite,
welche die Stadtverwaltung Dresden gern wiederhergestellt sehen möchte.
Auch die mittlerweile ein viertel Jahrhundert alten Platanen mussten
teileweise den restaurativen städtebaulichen Plänen weichen,
standen sie doch nicht in der gewünschten Fluchtlinie der alten,
beengenden Prager Straße von lediglich 18 Metern.
Die Beseitigung dieser originären Kaufhausarchitektur bedeutet
aber ein großer Verlust eines der eigenwilligsten DDR- Nachkriegsbauten
in Dresden. Gerade weil es so unangepasst daneben stand,
auch in seiner nicht Sandstein-konformen Materialität stellte
es ein wichtiges Zeugnis einer (heute) nicht verstandenen 70er Jahre-Architektur
dar.
"In dieser kaum wahrnehmbaren Drehung des Centrum Warenhaus steckt
eine für die damalige Zeit überraschend kontextuelle Geste,
denn die Ostfassade des Kaufhauses führt in ihrer Verlängerung
nach Norden exakt auf die Arkaden der Altmarktbebauung aus den frühen
fünfziger Jahren und 'vermittelt' trotz der erheblichen Distanz
zwischen den beiden so verschiedenen Phasen des Dresdner Wiederaufbaus."
(Oliver Elser in "Bauwelt" 11/04, welches sich fast ausschließlich
mit der Prager Straße befasst.)
Funktionale Mängel beseitigen
Bereits zur Entstehungszeit wurden von Seiten der aus-führenden
Ingenieure funktionale Mängel beklagt. So seien z.B. die aus Kostengründen
ganz an den Seiten angebrachten Rolltreppen schlecht auffindbar
gewesen und animierten die Käufer nicht, in die oberen Stockwerke zu fahren.
Darüber hinaus wurde tatsächlich der Mangel an Tageslicht
in den etwas ausweglos wirkenden Verkaufsetagen beklagt. Diese Mängel
hätten aber durch ein Aufbrechen der Etagen und dem Einfügen
eines bis ins Untergeschoss reichenden Lichthofes beseitigt werden
können (ähnlich dem Umbau des alten Erlweinspeichers zum
Hotel oder des Kaufhauses am Berliner Alexanderplatz).
In diese offene Mitte mit einer leicht abgesenkten gläsernen
Kuppel hätte man dann benutzerfreundlichere Rolltreppen installieren
und zugleich eine zusätzliche Tagesbelichtung der Etagen gewährleisten
können. Ein gläsernes Dachrestaurant wäre denkbar gewesen.
Die Silberwabenhaut hätte man so allerdings als einmaliges originales Zeitzeugnis auf
jeden Fall erhalten können. So hätte man ein vorbildliches Beispiel eines neuen „progressiven
Denkmalschutzes“ geben können, also ein im Wortsinn „kritisches“
Weiterbauen von Bauwerken der jüngsten Vergangenheit in die Zukunft.
Während das schnittige Silber-Kaufhaus am Leipziger-Ring denkmalgeschützt
ist, stand das Dresdner Unikat nicht unter staatlichem Schutz, was
wieder einmal ein trübes Licht auf die einseitig der Architekturgeschichte
vor 1900 zugeneigte Dresdner Denkmalbehörde wirft.
Natürlich hätte man auch über eine neue Verkaufskonzeption
mit einer stärkeren Profilierung nachdenken müssen. Als Allerweltkaufhaus
hätte das Waben-Centrum keine Chance gehabt. Aber junge Leute z.B. schätzen
gerade diesen Retrolook. Für kaufkräftige junge Konsumenten wäre das Gebäude
eine ideale Kulisse. Live DJ's und offene Lounge's zum Relaxen hätten
Shoppinghopper aus der ganzen Region von Leipzig
bis Prag anlocken und den Silberkasten mit hohem Spaßfaktor
zu dem Szenekaufhaus des Ostens machen können. Einkaufen ist ja heute
längst nicht mehr nur Funktion, wie in den 60ern, sondern das
sinnstiftende Moment der Moderne am Beginn des 21. Jahrhunderts und
damit Wirtschaftsmotor, soziale Bühne und kulturelles Offenbarungserlebnis
der Epoche in einem. Stattdessen wurde das authentische Gebäude komplett abgebrochen und durch ein Shopping-Monster ersetzt, welches keine eigene Ausstrahlung zu entwickeln weiß.
Übermächtig ist der Blick zurück
"Erstaunliche 13 000 Kulturdenkmäler verzeichnet die Stadt Dresden.
Ein kulturgeschichtlich wichtiges Gebäude ist allerdings nicht gelistet:
das Centrum Kaufhaus in der Prager Straße. Der Bau (Karstadt)
ist ein klassisches Beispiel der DDR-Moderne und besticht mit einer
wabenförmig-stacheligen Fassade, die in Deutschland ihresgleichen
sucht. Wäre sie von Egon Eiermann, Frank Gehry oder Archigramm entworfen,
man hätte ihr längst schon das Siegel des schützenswerten Kulturgutes
aufgeklebt. Jedoch die Architekten, die sie 1978 errichteten, hießen
Simon und Fokvari, und keiner kennt sie mehr. Offensichtlich haftet
ihrem Bau neben seiner Grandezza auch eine gewisse Tragik an, versuchte
er doch in der Mangelwirtschaft der DDR eine viel zu große, viel zu
futuristische Geste. Doch an diese historische Epoche möchte sich
in Dresden offenbar niemand mehr erinnern. Das Kaufhaus steht zum
Abriss bereit. Seine Existenz verdankt es nur der Tatsache, dass sich
noch kein Investor fand, an der Stelle etwas Neues zu bauen."
(aus einem "Zeit"-Artikel von Christian Tröster unter dem
Titel
"Wo die Moderne verbuddelt wird. Dresden ist die Hauptstadt der
Nostalgie" 17/2002)
SZ vom 25.08.05 "Neues Zentrum im Zentrum"
Auf der Prager Straße soll ein weiterer Einkaufstempel entstehen –
größer als die Altmarkt-Galerie. Auf dem Areal des ehemaligen Hertie-Warenhauses,
das mittlerweile von Karstadt betrieben wird, sollen Rathausangaben
zufolge
52 000 Quadratmeter Verkaufsfläche entstehen. Damit wäre das neue
Zentrum diesbezüglich größer als die Altmarkt-Galerie, die über 26
000 Quadratmeter verfügt. Nach Informationen der SZ soll das jetzige
Warenhaus abgerissen werden. Geplant ist ein großzügiger Neubau, in
den laut Stadtverwaltung neben Geschäften auch „gastronomische, sportliche
und kulturelle Nutzungen integriert werden sollen.“ Ziel: Die Belebung
der Innenstadt auch nach Geschäftsschluss. Zum Parken aufs Dach Auf
dem Dach des Zentrums sind mehr als 1 000 Parkplätze vorgesehen. Im
Gebäudeinneren soll sich eine Einkaufsmall über mehrere Ebenen erstrecken
und einen Marktplatz umrahmen. Für den zusätzlichen Verkehr aus Richtung
des Dippoldiswalder Platzes wird eine Linksabbiegerspur erforderlich,
wie die Stadt weiter bekannt gab. Aus Branchenkreisen hieß es, Karstadt
wolle das Zentrum zusammen mit dem Projektentwickler AM Development
Germany umsetzen, mit dem das Unternehmen bereits in Duisburg zusammenarbeitet.
Bis zu 1 000 Arbeitsplätze könnten entstehen. Die Investitionssumme,
so hieß es in Handelskreisen, liege im dreistelligen Millionenbereich
– in etwa bei rund 300 Millionen Euro. (...) Das Vorhaben soll sich in ein zu Beginn der 90er Jahre
entwickeltes Leitbild eingliedern, das die Belebung der Prager Straße
vorsieht.
Zeitzeugen werden aus dem Stadtbild getilgt
Von Dr. Tobias Michael Wolf
Wie aus der kurzen Notiz zu den Plänen der Firma Karstadt hervorgeht,
soll das ehemalige Centrum-Warenhaus an der Prager Straße dem Neubau
eines Einkaufszentrums weichen. Mit keinem Wort wird der Wert des
bestehenden Baus für das Stadtbild erwähnt, wohl um Widerstände wie
beim geplanten Umbau des Kulturpalastes zu vermeiden. Die derzeitige
Nutzung überdeckt den eigentlichen, guten Gesamtzustand des Hauses.
Das Gebäude selbst, 1968 bis 1970 durch AETV Budapest im Auftrag der
Vereinigung der Volkseigenen Warenhäuser Centrum mit Sitz in Leipzig
projektiert, wurde zwischen 1973 und 1978 am nordwestlichen Ende der
Prager Straße als zweites Dresdner Warenhaus errichtet. Bei dem jetzt
akut von Abriss bedrohten Haus handelt es sich um das drittletzte
in der DDR zur Ausführung gelangte Warenhausprojekt und das letzte
mit Aluminumvorhangfassade. Es steht damit am Ende der Entwicklung
eines modernen Kaufhauskonzeptes in der DDR, die in der Mitte der
1960er Jahre mit der Errichtung von Neubauten in Hoyerswerda und Cottbus
ihren Ausgang genommen hatte. Allen Bauten ist ihre eigenständige
Wirkung als futuristischer Solitär im Bild der geplanten sozialistischen
Städte gemeinsam. Damit ordnet sich das Centrum zu den weiteren markanten
Bauten der Nachkriegsmoderne in Dresden, dem Kulturpalast und dem
Rundkino mit ihren markanten Fassaden zu und muss als ebenso wertvolles
Zeugnis der Architektur dieser Zeit angesehen werden. Diese Bauten
stehen für die größere Freiheit der Planer auf dem Gebiet des Gesellschaftsbaus
im Gegensatz zum typisierten DDR-Wohnungsbau.
(SZ vom 06.09.05, Tobias Wolf promoviert zu DDR-Warenhausarchitektur.)
Bautyp DDR-Warenhaus? Deutsche Warenhausarchitektur der
Nachkriegszeit im Vergleich. Von Tobias Wolf.
www.bpb.de
vom 29.11.2012
Zum
Umgang mit der DDR-Moderne
In Dresden wird das Centrum-Warenhaus abgerissen
Von Reinhard Hübsch -
Deutschlandfunk
- 06.10.05
siehe auch: www.restmodern.de
(Bedrohte Nachkriegsmoderne)
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Die Silberwaben
im Abendlicht schimmerten auch golden. (Aufn.: 02/ 04)
Vergrößerung (Foto: TK Feb. 2004)
Alle farbigen Aufnahmen:
T.Kantschew 2004
Centrum Warenhaus
im Bau: 1976
Einladung zum Architekturtreffen Rotterdam - Dresden 2005
Vorgehängte
Metallwabenfassade am Berliner Alexkaufhaus. Aufn. T.Kantschew, 2004
Ähnliche Wabenfassade
am DDR-Kaufhaus in Suhl, Aufn. Mathias Hahndorf 2005
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Shopping-Center
"Centrum Galerie" in Dresden
Das Architekturbüro Peter Kulka (Dresden / Köln) gewann
2006 den Wettbewerb für das neue Großkaufhaus
"Centrum Galerie".
Bei seinem Entwurf sollte ein Großteil der charakteristischen
Wabenfassade des alten Centrum in das neue Gebäude integriert
werden. Eine Machbarkeits-untersuchung für die Wiederverwendung
der Aluminiumwaben kam im Dez. 06 allerdings zum Schluss, daß
es zu teuer und aufwändig wäre, die alten Waben erneut einzubauen.
Ein originalgetreuer Wiederaufbau (Rekonstruktion) der Waben wird
befürwortet.
Bauherr Multi Development hat also ursprüngliche Pläne, die Fassadenteile
im Original zu verwenden, aufgegeben. „Sie sind zu sehr verschlissen
und lassen sich in den meisten Fällen nicht unbeschadet abnehmen.
Das haben uns auch die Gutachter bestätigt“, sagt Andrej Pomtow, Leiter
der Projektentwicklung. Nun sollen die Waben nach altem Vorbild neu
gefertigt werden, wahrscheinlich in einem Stück gegossen. Derzeit
bestehen sie aus jeweils sechs Einzelteilen. (SZ vom 19.01.07)
Andere Wettbewerbsbeiträge, wie z.B. das holländische Office for Metropolitan
Architecture (OMA Rotterdam unter Rem
Koolhaas) sahen einen Erhalt des Gebäudes mit An-bzw.
Aufbauten vor.
Die Mitglieder der Klasse Baukunst
der Sächsischen Akademie der Künste veröffentlichten
zu den Umbau- (bzw. Abriss-) Planungen am ehemaligen Centrum-Warenhaus
im April 2006 eine Stellungnahme, die für den Erhalt des alten
Centrums plädierten.
Bebauungsplan Nr. 155, Dresden Altstadt I Nr. 28, "Prager
Straße/ Nord-West Einkaufszentrum"
In der Skizze des Bildes ganz oben ist die Gebäudemasse eingezeichnet
(schwarz gestrichelt), die das Silberwaben-Centrum und
den Restaurantkomplex "International" durch eine Großinvstition
(52 000 qm Verkaufsfläche!) ersetzte.
(rot gestrichelt: zusätzliche
Fläche von 6900 Quadratmeter zwischen Waisenhausstraße und altem
Centrum-Warenhaus, die der Bauherr von einer Erbengemeinschaft
2007 kaufte).
Der Besitzer des erweiterten Grundstückes Karstadt hatte das Centrum
zusammen mit dem Projektentwickler AM Development Germany (Europaweiter
Projektentwickler auf dem Gebiet der Entwicklung von Innenstadtkonzepten,
Einzelhandelszentren, Büroparks) entwickelt. Ein kompletter Abriss
des Centrum wäre "unvermeidlich", wie man damals sagte. Gegen den
Abriss regte sich heftiger Widerstand und Protest gegen diesen rüden
Umgang mit identifikationsstarken Gebäuden der Nachkriegsmoderne
in Dresden!
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Geplantes Monster-Shopping-Center.
Seit 2007 gehört auch noch die rot gestrichelte Fläche zw.
Waisenhausstraße und altem Centrum zum Projekt.
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