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Architekt: Günter Behnisch
& Partner / Erich Wiesner
Bauzeit: _1994- 96
Adresse:.
Pillnitzer Straße 39
Webseite der Schule: www.benno-gymnasium.de
Einheit der Gegensätze
Dieser Bau ist ein Kunstwerk. Er vereint viele Gegensätze in
sich. Ernstes und Heiteres, Witziges und Seriöses, Spielerisches
und Geradheit, Ruhe und Unruhe, Unkonventionelles, Überraschendes
und Vernünftiges. Es ist ein Vergnügen, sich von diesem
Bau verblüffen zu lassen.
Zugegeben, das intensive Blau der Fassade zur Günzstraße
ist für Dresden im ersten Moment gewöhnungsbedürftig,
"unsächsisch". Lässt man sich jedoch auf
die Suggestivkraft dieser Farbe ein, ist man berauscht von der Leuchtkraft
dieses Tons, von der Magie dieser sehnsüchtigen Farbe, die aus
dem sonstigen Gelbocker der Elbestadt hervorsticht. Sie signalisiert
Wachheit, Träume und Fantasie. Was könnte junge Schüler
und Lehrer eines Elite-Gymnasiums mehr herausfordern?
Die Farbe Blau gehört zum Wandanstrich einer abschirm- enden
geraden Fassade, die ein ganzes Stück von der stark befahrenen
Hauptverkehrsstraße zurückgesetzt wurde. Lediglich Flure
und Treppenhäuser sind zur Pillnitzer Straße angeordnet.
Die Klassenzimmer dagegen befinden sich auf der anderen Seite zur
ruhigen Pestalozzistraße hin. Aus der langen, etwas strengen
Front ragen ein halbrunder und ein längerer Stahl-Glaserker als
Aussichtskanzel heraus. Ein sich über zwei Etagen erstreckendes
Panoramafenster öffnet die 150 Meter lange Wandscheibe. Ein irritierendes
und zugleich erfreulich belebendes Moment bilden die modernen dekorativen
(!) Graffitti im Erdgeschoss (Farbgestaltung Erich Wiesner)
Ganz anders die Rückseite: kreatives, ungestümes, scheinbar
ungeordnetes Chaos, stürzende fallende Wände, ein bewegter
dynamischer Grundriss, sich kreuzende Linien ohne jede Symmetrie,
das Gewusel quietschbunter Stützen - all das thematisiert "Jugendlichkeit"
und überträgt dieses Jungsein ein Stück auf die alternde
Stadt. Viel Licht fällt durch raumhohe Glaswände ins Innere
des Schulgebäudes, unterstreicht so auch das besondere pädagogische
Konzept der unorthodoxen Offenheit in diesem katholischen Gymnasium.
Zentraler Innenraum ist das Pausenfoyer mit diversen Treppen und einem
steil abfallenden, vom Straßenniveau bis zum Dach reichenden
Glasdach mit vielfältigen Blickbeziehungen. Besondere Räumlichkeiten
der Schule sind zudem die Kapelle im Erdgeschoss, der Zeichensaal
mit Außenbereichen auf dem Dach sowie die tief im Boden abgesenkte
großzügige Sporthalle.
Vorn zum Haupteingang zu, an der Kreuzung zur Pillnitzer Straße
herrscht ein ausgewogenes Gleichgewicht der genannten ungleichen Welten
- eine Freude, wie der in Dresden aufgewachsene Altmeister Behnisch
es schafft, an
dieser vorderen Schmalseite diese
Spannung zusammenzuführen und die Pole Ruhe und Unruhe miteinander
zu verbinden. Die Teile fügen sich, trotz aller dekonstruktivistischer
Manier, zu einem harmonischen Ganzen. Die Komplementärfarben
Gelb und Blau korrespondieren wunderbar mit Grau- und Silbertönen.
Man muss tatsächlich in und um das ganze Gebäude gehen,
um es in seiner ganzen Komplexität zu erfassen. Dieser sicher
nicht einfache Bau ermuntert jedoch eindimensionale Blicke durch verschiedene
Perspektiven zu ersetzen und damit gerade jene Komplexität unserer
schwierigen Umbruchepoche durch ein bewegliches, vernetztes Denken
zu begreifen suchen.
Nicht zuletzt sei an dieser Stelle an die Zwangsschließung des
St-Benno-Gymnasium 1939 erinnert, welches erst nach der friedlichen
Revolution 1989 wiedergegründet werden konnte.
Städtischer Zusammenhang
Dieses außergewöhnliche Haus setzt auf Eigenwilligkeit.
Mag sein, dass die Stärke des Gebäudes nicht gerade
in der Fähigkeit zur Integration in den städtischen Zusammenhang
liegt, aber wo ist in diesem zerrissenen, unorganischen urbanen Gebilde
der heutigen Johannstadt eine wirklich anknüpfbare Struktur?
Das heterogene Erscheinungsbild der Straßenkreuzung in diesem
Bereich ließ durchaus einen ganz neuen, wagemutigen Bau zu,
der sich eben nicht konventioneller Blockrandbebauung unterordnet,
wie z.B. das TU-Studentenheim
von 1955 gegenüber. Wenn es Tradition in Sachsen und gerade Dresden
ist, innovativ und kommunikationsstark zu sein, dann ist dieser Bau
sogar ein traditioneller Bau. In dieser Offenheit zur Kommunikation
liegt das große Potential dieses wegweisenden Schulgebäudes.

Grundriss St.-Benno-Gymnasium, Vergrößerung
Buchtipp:
Sylvia Stöbe: Chaos und Ordnung in der modernen Architektur,
Potsdam 1999
Die Farbe Blau
kann als typisches Charakteristikum der Neunziger bezeichnet werden. Insofern findet sich in Dresden mit diesem intensiven Blau (welches durch Sonneneinwirkung mittlerweile leider langsam verblasst) eine der prägnantesten Gebäude dieses Jahrzehnts in Deutschland.
In einer farblichen Facheinschätzung heißt es:
"Neunziger Jahre: Die Farbe Blau"
an der Fassade und an großen Wandscheiben ist gefragt wie nie zuvor. Je mehr das Blau ins Ultramarin geht, umso besser und entfremdender für die Architektur." Prof. Matthias Gröne, Hochschule Esslingen, Quelle
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